Plus-TestScott Genius vs Specialized Stumpj. 6Fattie

Peter Nilges

 · 22.05.2016

Plus-Test: Scott Genius vs Specialized Stumpj. 6FattieFoto: Robert Niedring
Plus-Test: Scott Genius vs Specialized Stumpj. 6Fattie

Fetter geht's nicht, zumindest was Preis, Technologie und Image angeht. In ihre neuen Plus-Mountainbikes haben Scott und Specialized alles hineingepackt, was 2016 State of the Art sein wird.

8000 gegen 9000 Euro, Tuned gegen S-Works, Plus gegen 6Fattie. Im Duell der neuen Trailbike-Generation geht es um Superlative. Scott als auch Specialized schicken ihr jeweiliges Top-Modell im neuen Plus-Reifenformat in den Test. Um es vorwegzunehmen: Beide Hersteller bieten dem Kunden jedoch nach wie vor die Wahl, auch ein "klassisches" Genius oder Stumpjumper FSR mit 27,5 Zoll oder 29 Zoll zu erwerben. Um ein Plus-fähiges Mountainbike zu bauen, nutzen beide Branchen-Riesen einen bestehenden Carbon-Hauptrahmen und kombinieren diesen mit einem breiteren Alu-Hinterbau – für bis zu drei Zoll breite Reifen. Zusammen mit einer Fox-34-Wide-Gabel (bis zu 3,25-Zoll-Reifen möglich) entsteht so ein komplett neues Trailbike.

Beide Bikes basieren auf den jeweiligen 29-Zoll-Pendants: Carbon-Hauptrahmen des 29ers plus neuer Alu-Hinterbau. Scott setzt beim Genius Plus bewusst auf eine Reifenbreite von "nur" 2,8 Zoll, um das Fatbike-Feeling zu umgehen und dem Bike maximale Spritzigkeit und Agilität einzuimpfen. Der 2,8er-Reifen wiegt weniger und liegt auch vom Durchmesser wesentlich dichter an einem normalen 27,5er. Der 3,0-Zöller von Specialized bringt mehr auf die Waage und reicht vom Außendurchmesser nahezu an einen 29er heran.

Gewichtsvorteil für das Scott Genius

Bereits auf den ersten Metern im Gelände wird deutlich, dass Specialized zwar das Gewicht nicht außer Acht gelassen hat, der Fokus aber mehr auf dem Traktionsgewinn lag. Betrachtet man das Gesamtgewicht, so trennen beide Kontrahenten gerade einmal 200 Gramm. Diesen Gewichtsvorteil erreicht Scott durch den leichteren und dabei minimal steiferen Rahmen. Specializeds Trumpf beim Rahmen ist jedoch die SWAT-Door. Wer lieber ohne Rucksack fährt und es hasst, Trikottaschen vollstopfen zu müssen, kann das Unterrohr als praktischen Stauraum für jeden nötigen Kleinkram nutzen.

Praxistest: Welches Bike regiert auf dem Trail?

  Peter Nilges, BIKE-TestleiterFoto: Georg Grieshaber
Peter Nilges, BIKE-Testleiter

Zurück auf den Trail: Durch die tiefere Front und das leichtere Reifen-Setup fährt sich das Genius Plus eine Spur sportlicher. Das Stumpjumper kommt im direkten Vergleich etwas touriger und damit gemütlicher daher. Durch die geringe Druckstufe im offenen Modus erfordert der Scott-Hinterbau den Griff zum schnell erreichbaren Twinloc-Hebel, um Pumpen im Wiegetritt zu eliminieren. Hier reagiert das Stumpi gelassener und kann sehr gut im offenen Modus gefahren werden. Bergab spielt das Stumpi seinen Reifen-Trumpf aus. Die zwar schwereren, aber besser dämpfenden Reifen liegen spürbar satter und bieten mehr Traktion. In Kombination mit dem äußerst sensiblen Fahrwerk besitzt das Bike einen unglaublichen Komfort und schwebt geradezu über Wurzeln hinweg. Bei harten Landungen und Kompressionen bietet das Scott wiederum mehr Reserven durch mehr Progression am Hinterbau. Seitens der Geometrie gibt es viele Übereinstimmungen. Lenkwinkel und Tretlagerhöhe unterscheiden sich zwischen den Bikes nur minimal, dafür fällt die Front beim Stumpi deutlich höher aus. In Kombination mit den kürzeren Kettenstreben lässt sich das Specialized dadurch leichter aufs Hinterrad ziehen, erfordert aber mehr Körpereinsatz beim steilen Klettern. Mit 325 Millimetern liegt das Tretlager bei beiden Bikes extrem niedrig. Wir hatten mehrmals unerwünschten Bodenkontakt. Durch die zehn Millimeter schmaleren Carbon-Felgen mussten wir die Specialized-Reifen für die gleiche Seitenstabilität mit mehr Luftdruck fahren – dadurch verspielt man etwas von den Vorteilen der Plus-Reifen.


TEST-FAZIT PETER NILGES (BIKE-REDAKTEUR)

Scott oder Specialized, Tuned oder S-Works? Mit extrem hohem Aufwand und entsprechend hohem Preis schaffen es beide Hersteller, recht leichte Touren-Bikes im Plus-Format auf die Reifen zu stellen. Wer das sportlichere Bike sucht und keine Abstriche in der Agilität machen will, liegt bei Scott richtig. Wer mehr Wert auf Komfort und Traktion legt, ist mit dem Specialized besser bedient, wobei ein Großteil der Unterschiede durch die Reifenwahl begründet ist.

  Scott Genius 700 2016Foto: Robert Niedring
Scott Genius 700 2016

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TEST SCOTT GENIUS 700 TUNED PLUS

  Scott Genius 700 Foto: BIKE Magazin
Scott Genius 700 
  Sportlichkeit zählt. Das Scott-Genius-Fahrwerk lässt sich per Twinloc-Hebel dreistufig verändern. Für die Lockout-Position muss der Daumen einen weiten Weg zurücklegen.Foto: Robert Niedring
Sportlichkeit zählt. Das Scott-Genius-Fahrwerk lässt sich per Twinloc-Hebel dreistufig verändern. Für die Lockout-Position muss der Daumen einen weiten Weg zurücklegen.
  Der Chip an der hinteren Dämpferaufnahme ändert die Geometrie um 0,5 Grad. Beim Scott Genius Plus kommt der gleiche Hauptrahmen wie beim 29-Zöller zum Einsatz.Foto: Robert Niedring
Der Chip an der hinteren Dämpferaufnahme ändert die Geometrie um 0,5 Grad. Beim Scott Genius Plus kommt der gleiche Hauptrahmen wie beim 29-Zöller zum Einsatz.
  Die Aluminiumfelge mit 40er-Maulweite am Scott Genius unterstützt den 2,8-Zoll-Reifen optimal und lässt sehr niedrige Luftdrücke um ein bar zu. Das Laufradgewicht ist bei beiden gleich.Foto: Robert Niedring
Die Aluminiumfelge mit 40er-Maulweite am Scott Genius unterstützt den 2,8-Zoll-Reifen optimal und lässt sehr niedrige Luftdrücke um ein bar zu. Das Laufradgewicht ist bei beiden gleich.

Bikes von Scott besitzen durch die Bank eine sportliche Note. Von diesem Credo weicht auch das Genius Plus nicht ab. Trotz 2,8er-Reifen fährt sich das Bike sehr leichtfüßig und agil. Auch das Gewicht fällt in der Top-Version mit unter 12,3 Kilo in Größe L erstaunlich gering aus. Der Rahmen bringt 200 Gramm weniger auf die Waage als der des Stumpjumpers. Zusätzlich ermöglicht der bekannte Twinloc-Hebel ein schnell anpassbares Fahrwerk. Einen Aha-Effekt in Sachen Traktion erlebt man mit der montierten Schwalbe Bereifung in schneller PaceStar-Mischung jedoch nicht. Hier kann sich das etwas gemütlichere Stumpjumper 6Fattie besser in Szene setzen.


PLUS Sportlich, vortriebsorientiert, niedriges Gewicht
MINUS Geringer Grip-Zuwachs, tiefes Tretlager

  Specialized Stumpjumper FSR S-Works 6Fattie 2016Foto: Robert Niedring
Specialized Stumpjumper FSR S-Works 6Fattie 2016

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TEST SPECIALIZED STUMPUMPER FSR S-WORKS 6FATTIE

  Specialized Stumpjumper FSR S-Works 6Fattie 2016Foto: BIKE Magazin
Specialized Stumpjumper FSR S-Works 6Fattie 2016
  Specialized nutzt den Hauptrahmen vom Stumpjumper-29er und kombiniert mit einem breiten Alu-Hinterbau. Der baut so breit, dass die Ferse/Knöchel streifen kann. Foto: Robert Niedring
Specialized nutzt den Hauptrahmen vom Stumpjumper-29er und kombiniert mit einem breiten Alu-Hinterbau. Der baut so breit, dass die Ferse/Knöchel streifen kann. 
  Anders als beim 6Fattie-Hardtail kommt beim Stumpjumper eine schmale 30er-Carbon-Felge in Kombination mit einem Drei-Zoll-Reifen zum Einsatz. Das erfordert mehr Luftdruck.Foto: Robert Niedring
Anders als beim 6Fattie-Hardtail kommt beim Stumpjumper eine schmale 30er-Carbon-Felge in Kombination mit einem Drei-Zoll-Reifen zum Einsatz. Das erfordert mehr Luftdruck.
  Versteckt unterm Flaschenhalter sitzt beim Specialized Stumpjumper die SWAT-Door, die das Unterrohr als Stauraum zugänglich macht. Schlauch, Pumpe und Regenjacke finden hier Platz.Foto: Robert Niedring
Versteckt unterm Flaschenhalter sitzt beim Specialized Stumpjumper die SWAT-Door, die das Unterrohr als Stauraum zugänglich macht. Schlauch, Pumpe und Regenjacke finden hier Platz.

Schweben statt poltern lautet die Devise beim Stumpi 6Fattie. Die Kombination aus dicken Drei-Zoll-Reifen und einem super sensiblen Fox-Fahrwerk machen aus dem 6Fattie ein wahres Komfortwunder. Wurzelteppiche scheinen förmlich zu verschwinden. Kein hartes Feedback vom Untergrund, kein stoppendes Gegenpoltern. Das Stumpi schwebt quasi mit Leichtigkeit über die Trails und gibt nur die nötigsten Informationen gefiltert an den Fahrer weiter. Trotz schmaler Carbon-Laufräder wollen die im Vergleich zum Scott etwas schwereren Reifen erst mal beschleunigt werden. Dafür gibt die maximale Verzahnung mit dem Untergrund Sicherheit in jeder Lage.


PLUS Super komfortabel, deutlicher Grip-Zuwachs
MINUS Breit bauender Hinterbau, tiefes Tretlager, hohe Front

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