Adrian Kaether
· 17.06.2019
Für 2020 legt Orbea sein All Mountain Occam neu auf. Aus zwei Modellen wird eines, das Bike kommt mit Laufrädern in 29 Zoll, flacher Geometrie, 140 Millimeter Federweg und ausgewogenem Handling.
Gut zwei Jahre ist es her, dass das Orbea Rallon das Licht der Welt erblickte. Ein historisches Datum für den baskischen MTB-Hersteller Orbea, wie man heute sagen muss. Denn die Neuentwicklung des Enduro-Bikes schlug ein wie eine Bombe. Geometrie, Ausstattung, Preis und Optik stimmten. Das Bike pedalierte willig, glänzte mit ausgewogenem Handling und ließ bergab sowieso nichts anbrennen. Ein Jahr später folgte das XC-Fully Oiz, das im BIKE-Test als das allererste Bike der Basken das Testurteil „super“ abräumte.
Nun soll ein neues Occam die Lücke zwischen Cross Country und Enduro schließen. Dazu verpassen die Basken ihrem All Mountain 140 Millimeter Federweg, große 29-Zoll-Laufräder, einen flacheren Lenk- und einen steileren Sitzwinkel (66 und 77 Grad) gepaart mit einem längeren Reach (470 Millimeter in L) und einem tiefen Tretlager (-35 Millimeter). So soll das Bike effizient pedalieren und trotzdem souverän abfahren.
Das tiefe Tretlager sorgt für einen tiefen Schwerpunkt und eine gute Kurvenlage. Für eine möglichst ideale Verbindung von Gewicht und Steifigkeit ist der neue Rahmen aus Carbon oder Aluminium asymmetrisch konstruiert. Der Dämpfer wird liegend verbaut, lässt Platz für eine Wasserflasche und wird von einem Viergelenker mit hoher Progression angesteuert. Das Problem des alten Bikes, bei sportlicher Gangart zu schnell durch den Federweg zu rauschen, soll damit Geschichte sein. Und für alle, denen das noch nicht reicht, legt Orbea beim Kauf auch gleich noch zwei weitere Spacer für den Dämpfer mit dazu. Außerdem soll das neue Occam dank eines geringeren Anti-Rise Wertes auch beim harten Anbremsen sensibler auf kleine Schläge reagieren und damit insgesamt mehr Traktion erzeugen
Insgesamt sechs Modelle zwischen 2299 und 7599 Euro wird es geben. Von 2299 bis 3299 Euro kommt das Occam mit Alu-Rahmen, ab 3799 Euro wird Carbon verbaut. Der Carbon-Rahmen des neuen Occam soll in Größe M ohne Dämpfer aber mit Enduro-Maxx-Lagern und lebenslanger Garantie etwa 2,3 Kilogramm schwer sein. Fahrwerke kommen durchweg von Fox oder der Tochterfirma Marzocchi, sonst setzt Orbea weitgehend auf die neuen 12fach SLX/XT-Gruppen von Shimano und Laufräder von DT Swiss.
Besonders spannend: Durch die Kooperation zwischen DT Swiss und Orbea wurden für das Carbon-Premiummodell Occam M10 (4999 Euro) eigene Laufradsätze kreiert (Update: Ein ähnliches Verfahren verhalf schon dem Canyon Spectral vor einigen Jahren zu breiten, leichten und dennoch bezahlbaren Laufrädern). Die Spezial-Laufräder hören auf den Namen XM1650 Spline und kombinieren die Felge des teuren XM1501 Laufradsatzes mit etwas günstigeren Naben. Das soll die guten Beschleunigungswerte und das spritzige Handling des XM1501 mit einem noch vertretbaren Preis-/Leistungsverhältnis kombinieren und erlaubt den Basken, das M10 neben dem DT-Laufradsatz auch mit einer kompletten Shimano-XT-Gruppe (Bremsen, Antrieb), einem Carbon-Lenker und einem Fox-Factory-Fahrwerk auszustatten.
Aber auch die günstigeren Modelle des Orbea Occam profitieren. Hier lässt sich der XM1650 Laufradsatz bei einigen Modellen über das Drop-Down Menü auf der Orbea Website bei der Ausstattung für einen Aufpreis dazubuchen, genauso wie etwa eine längere Gabel (Fox 36 RC2, 150 Millimeter), Carbon-Laufräder oder gewichtsoptimierte XTR-Parts. Die Länge der versenkbaren Sattelstütze (125, 150, 170 Millimeter), die Orbea eigens für das Occam entworfen hat, lässt sich zudem ohne Aufpreis anpassen. Update: Im MyO-Konfigurator können dagegen nur die beiden Topmodelle, das Occam M-Ltd und das M-10 konfiguriert werden. Hier kann der Kunde auch den Rahmen frei nach Wunsch lackieren lassen, ein eigenes Logo implementieren, den eigenen Namen auf die Sitzstreben bringen und vieles mehr. Die günstigeren Modelle unterhalb des M10 kommen dagegen in nur jeweils zwei wählbaren Farbvarianten.
Nahe dem spanischen Ainsa konnten wir uns über zwei Tage bereits einen ersten Eindruck vom neuen Occam verschaffen. Das Testbike, ein Occam M10 für 4999 Euro brachte mit Fox-Factory-Fahrwerk, Maxxis Highroller II/Rekon Reifen und kompletter XT knapp über 13 Kilogramm auf die Waage. Im Uphill zeigte sich das Bike effizient, komfortabel und traktionsstark trotz ruhigem Hinterbau – die Plattform des Dämpfers nutzten wir nur auf Asphalt. Sehr gut!
Ausgewogen ist das Fahrverhalten auch im Downhill. Dort vermittelt das Bike viel Sicherheit und zeigt Laufruhe, ohne dass enge Kurven nach großem Einsatz verlangen. Der lange Reach fühlt sich in der Praxis deutlich weniger lang an, als die Daten auf dem Papier vermuten lassen – möglich auch, dass der steile Sitzwinkel für eine gefühlt kürzere Front sorgt. Der Hinterbau arbeitet progressiv und poppig und macht das Bike lebhaft. Er schluckt kleine bis mittlere Hindernisse gut, markiert jedoch bei besonders großen Schlägen deutlich, wann das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Dennoch eine sehr gute Bergab-Performance für ein Bike, dass eigentlich in die klassische All Mountain-Kategorie fällt.
Und mit der für 150 Euro Aufpreis erhältlichen Fox 36 RC2 mit 150 mm Federweg mutiert das Occam sogar zum Mini-Enduro- Ein Tipp für alle, die es gerne etwas mehr krachen lassen, oder für schwerere Fahrer, die neben Spacern in der Gabel auch auf eine separat einstellbare Highspeed Zug- und Druckstufe wertlegen. Die hauseigene Sattelstütze konnte im ersten Test ebenso überzeugen, wie die neue XT-Gruppe, die dank massiver Vierkolbensättel auch in langen Abfahrten und mit „kleinen“ 180er-Scheiben noch massig Standfestigkeit und gute Modulation zeigte. Nur die Pedale setzten im felsigen Gelände wegen des tiefen Tretlagers und der langen 175er-Kurbeln häufiger auf und die Griffe sorgten bei manchen Testern für seltsame Blasen an der Innenhandfläche. Ansonsten bleibt der erste Eindruck ein positiver.
Alle Informationen zum neuen Orbea Occam finden Sie auf der Website des Herstellers.
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