Florentin Vesenbeckh
· 08.11.2018
Die US-Kultmarke Intense baut mit dem Tazer sein erstes E-MTB. MX-Laufradkombi, 160 Millimeter Federweg, Carbon-Rahmen und eine besondere Akku-Integration sollen das E-Bike zur Trail-Rakete machen.
Intense Tazer. Mountainbikern, die sich schon eine Weile mit dem Bike-Sport und dessen abfahrtslastigen Disziplinen beschäftigen, rufen diese zwei Worte ein Lächeln ins Gesicht. Das Tazer jagte einst Shaun Palmer über die Fourcross-Kurse des Worldcup-Zirkus. Ähm, nein, die Disziplin hieß damals noch Dual-Slalom. Eine Weile her. Auf jeden Fall hat sich die US-Kultmarke in dieser Zeit ein gewisses Charisma erarbeitet. In den letzten Jahren wurde es auf dem deutschen Markt etwas ruhiger um Intense. Jetzt mischen die Amerikaner auch im E-Bike-Geschäft mit.
Das Tazer ist ein ausgewachsenes Trailbike mit Shimano-Steps-Motor. Die Idee hinter dem Bike: es soll sich fahren wie ein normales Mountainbike. Darauf haben die Amerikaner um Firmengründer Jeff Steber die Entwicklung ausgelegt. Herausgekommen ist ein Bike mit 160-Millimeter-Gabel und 150 Millimetern Federweg am Heck. Intense setzt auf einen Laufradmix aus 29er-Vorderrad und 27,5-Plus am Hinterrad und stuft das Tazer als E-Enduro ein.
Eine Besonderheit des Tazer liegt in der Akku-Integration, bei der Intense einen ganz eigenen Weg geht. Ein klassischer, eigentlich externer Shimano-Akku mit 500 Wattstunden (BT E8010) wird im Carbon-Unterrohr versenkt und verschwindet hinter einer Klappe. Damit umgehen die Amerikaner den schwereren und längeren Shimano-Intube-Akku BT E8020 und halten den Schwerpunkt des Bikes tief. Optisch ist der Akku dennoch voll integriert. Eine ähnliche Art der Integration nutzt Moustache mit einem Bosch-Akku, auch Trek versenkte den externen Bosch-Akku bei seinen alten Powerplay-Modellen intelligent im Unterrohr.
Eines Vorweg: Mit ihrem Erstlingswerk ist Intense gleich ein großer Wurf gelungen. Draufsetzen und Wohlfühlen, so lautet die Devise beim Tazer. Besonders beeindruckt der gelungene Mix aus Laufruhe und Verspieltheit, sowie das starke Fahrwerk. Im anspruchsvollen Gelände verleiht das Bike viel Sicherheit und ermutigt, die Bremsen offen zu lassen. In Kurven verlangt es allerdings eine aktive Fahrweise. Auf den welligen Trails im Hinterland von Barcelona lud das Tazer zu Spielereien ein. Um die Kurve driften, das Bike an Kanten zur Flugeinlage in die Luft ziehen, das gelingt mit dem Tazer für E-MTB-Verhältnisse leicht. Das Bike aufs Hinterrad zu ziehen klappt auch, bedarf aber etwas mehr Krafteinsatz als bei E-MTBs mit sehr kurzen Kettenstreben wie einem Canyon Spectral On oder Rocky Mountain Altitude Powerplay.
Ruppige Passagen hatten unsere Testtrails nur bedingt zu bieten, aber die wenigen Wurzelfelder und Steinpassagen, die sich dem Tazer in den Weg stellten, meisterte es unbeeindruckt. Der Hinterbau liegt sehr satt und bügelt Unebenheiten souverän weg, dennoch gibt´s genug Feedback vom Untergrund. Beeindruckend: Trotz hoher Sensibilität bleibt das Heck beim Treten bergauf sehr ruhig und wippt kaum, der VPP-Hinterbau arbeitet hervorragend. Der Griff zum Plattformhebel des Dämpfers wird nahezu unnötig. Nur in extrem steilen Uphills ist es angenehm, wenn das Heck noch höher im Federweg steht. Das ist in der Plattform-Position der Fall. Insgesamt klettert das Tazer sehr gut, die Sitzposition ist zentral, das Vorderrad bleibt souverän am Boden. Ein ausgesprochener Kletterspezialist ist das Bike mit den eher kurzen Kettenstreben aber nicht. Wenn es extrem steil wird, verliert das Tazer etwas Druck auf dem Vorderrad und ist etwas schwieriger im Zaum zu halten, als die klassenbesten Kletterer.
Schade: Die Vorserien-Testbikes, die uns zum Test bereitgestellt wurden, fielen durch einen hohen Geräuschpegel auf. Die Leitungen klapperten im Rahmen. Das sollte bei einem Bike dieser Preisklasse nicht vorkommen. Intense verspricht, für die Serienproduktion nachzubessern und das Problem in den Griff zu bekommen. Das Tazer hat eine sehr moderne, also lange und flache Geometrie. Es fällt groß aus. Wer nicht explizit auf hohe Reach-Werte steht und zwischen zwei Größen liegt, sollte zur kleineren Größe greifen.
Das Tazer wird es vorerst nur in einer Ausstattungsvariante, dem Pro Build, geben. Dafür werden 7499 Euro fällig. Die Wahl der Ausstattung ist stimmig: Die hochwertigen Fox-Federelemente stechen auf dem Trail positiv heraus, die kräftigen XT-Vierkolbenbremsen mit 203er-Scheiben sind dem Vollgas-Bike gewachsen. Die günstigere SLX-Schaltung sorgt bei dem aufgerufenen Preis nicht gerade für Begeisterung, funktional gibt´s dadurch aber kaum Einbußen. Im Frühjahr soll es eine zweite, etwas gedecktere Farbvariante vom Tazer geben.
Seit Januar diesen Jahres setzt Intense in Europa voll auf den direkten Vertriebsweg zum Kunden. Sprich: Analog zu Canyon, Radon und Co. können Intense-Bikes ausschließlich online direkt bei der Firma gekauft werden, also auf www.intensecycles.com. Jedes Bike wird mit einem ausführlichen Handbuch, einer Dämpferpumpe und einem umfangreichen Drehmomentschlüssel-Set ausgeliefert. Das soll dem Kunden einerseits die Montage erleichtern und ihn andererseits dazu animieren, sich mit seinem Bike und der Technik auseinanderzusetzen.
Top Fahreigenschaften, geringes Gewicht, intelligente Akku-Integration: Das Intense Tazer spielt in der oberen Liga moderner E-MTBs. Wir sind gespannt, wie es sich im direkten Vergleich zu den Platzhirschen schlägt und welche Werte das EMTB-Labor dem Tazer entlockt. Für Intense-Verhältnisse ist der Preis fair, im Versender-Vergleich kann die Ausstattung aber nicht mit der Konkurrenz mithalten. Dafür gibt´s einen hochwertigen Carbon-Rahmen mit sehr starkem Hinterbau.