Josh Welz
· 29.09.2022
Flyer Uproc X 8.7 oder Conway Xyron S 8.9 MX? Welcher Vollcarbon-Bolide ist unterm Strich der bessere Partner für die Bosch eMTB Challenge in Riva? Der Zweikampf Flyer gegen Conway ist auch ein Duell zweier kraftstrotzender Motoren: Panasonic und Bosch.
„Brachial! Der Panasonic schiebt und schiebt und schiebt.“ Josh ist begeistert. Es ist der Vorabend der eMTB Challenge, und wir sind mit unseren zwei Test-Bikes, dem Flyer Uproc X und dem neuen Conway Xyron Carbon, zu einer kleinen Testrunde hinter Arco ausgerückt. Als fahrstarke Carbon-All-Mountains sind die E-Bikes die ideale Wahl, um bei der eMTB Challenge durchzustarten. Denn hier wird einem E-MTB alles abverlangt: Fahrstärke bergauf und bergab, Motorleistung und ein intuitives Handling. Doch ganz ohne Übung wollen wir dann doch nicht ins Rennen gehen, und so nutzen wir den Freitagabend noch für eine schnelle Test-Session. Und wirklich: Egal ob Felsstufe, Rampe oder beides: Der Panasonic-Motor im Flyer strotzt vor Drehmoment und schiebt selbst fiese Schlüsselstellen locker hinauf.
Es ist schon kurz vor elf, als Chefredakteur Josh Welz und ich am nächsten Tag auf dem Uferradweg in Richtung Start rollen. Unter uns surren unsere zwei Duellanten, Flyer Uproc X und Conway Xyron Carbon, links von uns schlägt eine frische Brise die Wellen gegen den Strand von Riva und raschelt mit den Palmenblättern. Wer wird in diesem Duell der Vollcarbon-All-Mountains den Sieg holen? Das Flyer ist unter Zugzwang. Denn für 1000 Euro mehr spendieren die Schweizer zwar den kräftigen Antrieb und einen wirklich herausragend hochwertigen Rahmen, können sich bei der Ausstattung gegenüber dem Conway aber kaum absetzen. XT-Antrieb und Bremsen sowie ein identisches Fox-Fahrwerk in der Performance-Ausführung stecken in beiden E-Bikes. Beim Federweg hat sogar das Conway mit 160 Millimetern Hub leicht die Nase vorne.
Wir sind schließlich unter den letzten, die sich in die große Traube von Fahrern am Startbogen einreihen. Ein großes Hallo. Rund 150 E-Mountainbiker stehen am Start, von absoluten Anfängern über ehemalige Deutsche Downhill-Meister. Auch Nathalie Schneitter, ehemalige E-MTB-Weltmeisterin ist mit dabei. Der Akku gleicht die Leistungsunterschiede aus.
Das Konzept der Challenge ist eine Mischung aus Enduro-Rennen und Schnitzeljagd. Nur mit Hilfe einer Karte muss eine Runde von 30 Kilometern, 800 Höhenmetern und 10 Orientierungspunkten abgefahren werden. Und wie beim Enduro-Rennen zählt die Zeit nur bei speziellen Wertungsprüfungen, den Stages. Für Fußabsetzer gibt’s hier Zeitstrafen, was geschickten Uphill-Piloten einen Vorteil verschafft.
Mit dem Transponder für die Zeitmessung am Handgelenk und der Karte im Anschlag rollen wir los und stehen wenig später schon vor der ersten Stage. Jetzt, so mit Startnummer am Lenker und ganz kurz vor meinem ersten Renneinsatz, spüre ich doch, wie unaufhaltsam Adrenalin meine Adern flutet. Zum Glück für mein Conway Xyron ist die Schlüsselstelle offenbar nicht so steil, sondern geizt nur etwas mit Grip. Das könnte mir mit dem Bosch-Motor einen Vorteil verschaffen, wenn der starke Panasonic im Flyer Uproc X seine Power nicht gut genug dosieren kann. Eins ist sicher: Wenn das Heck durchdreht, ist der Fuß unten und die Zeitstrafe gewiss.
Ich lege für beste Modulation noch den bewährten E-MTB-Modus beim Bosch-Antrieb ein, da stehe ich auch schon an vorderster Stelle im Startblock. Desinteressiert mustert der Streckenposten nach dem Start von Kollege Josh seine Uhr und winkt mich dann mit einem leichten Kopfnicken auf die Strecke. Und los! Ab auf die kurze Gerade, über die erste Stufe – gar kein Problem – und in die erste links. Sattel leicht abgesenkt, Ellbogen nach unten. So müsste es doch klappen mit der Traktion.
Es nützt nichts. Zu übermotiviert ist mein Tritt. Die Front des Conway wird ein kleines bisschen leicht, zum Ausgleich gehe ich mit dem Gewicht nach vorne, und schon rutscht das Hinterrad durch. Stillstand. Der Fuß geht wie von selbst nach unten. Mist. An noch mal anfahren ist hier nicht zu denken. Also schiebe ich bergauf, Josh hinterher, dem die beeindruckende Power des Panasonic-Motors im Flyer offenbar ebenso wenig genützt hat. EWS-Champ Jérôme Clementz schießt noch bergauf an mir vorbei, dann kann auch ich mich in die erste Abfahrt stürzen.
Mit dem Puls am Anschlag kommt der Tunnelblick. Nur noch das Schnaufen meiner Lunge ist zu hören und das Rappeln des Conway Xyron unter mir. Doch von der Geräuschkulisse abgesehen macht das E-MTB seine Sache gut. Handlich und doch satt liegt es auf der engen Strecke und zirkelt mit wenig Kraftaufwand durch den engen Trail. Ziemlich passend für ein Rennen im Blindflug, denke ich. Spätestens jetzt sind wir und die Bikes ein eingespieltes Team.
Zügig trägt das drehmoment- und kletterstarke Flyer Josh die lange, rumpelige Gerade auf Stage 2 hinauf. Die Reifen beißen sich in die Steine, und Josh kann die volle Motor-Power des Panasonic ausspielen. Enge Kurven brauchen dagegen mit dem schweizerischen Bike etwas mehr Nachdruck, und auch das Fahrwerk bleibt eher sportlich-straff als komfortabel. Auf der letzten langen Geraden der Challenge ist das Flyer dagegen in seinem Element: Ungebremst schießt es über die letzten Felsstufen ins Ziel, und das straffe Fahrwerk offenbart, wofür es geschaffen wurde: Reserven für Vollgas und hartes Gelände. Dann ist es auch schon geschafft. Nach einigem Gekurbel sitzen wir in Arco bei der abschließenden Pastaparty. Jetzt nur noch nach Riva zurückrollen und die Challenge abschließen. Die großen Akkus zeigen noch über 50 Prozent, die Arme sind gerade erst warmgefahren. Schade, das hätte gerne noch etwas länger so gehen können.
Überhitzung Panasonic: Dass der Panasonic nur so viel wiegt wie Boschs CX und auch ähnlich kompakt ausfällt, hat jedoch auch Nachteile. Bei unserem Reichhöhentest bei 28 Grad Außentemperatur schoss der Panasonic im Rekordtempo den steilen Anstieg hinauf, vermeldete nach rund 350 Höhenmetern jedoch reduzierte Leistung wegen hoher Temperatur, bei weiterhin kräftiger Unterstützung. Später reduzierte er die Leistung deutlich. Die Warnung wegen hoher Temperatur stellte sich auch im nächsten Anstieg wieder ein, weitere Aussetzer waren jedoch nicht mehr zu verzeichnen. Trotz der Verschnaufpausen absolvierte der Panasonic die Gesamtstrecke mit äußerst flotter Durchschnittsgeschwindigkeit.
Trotz 1000 Euro Preisunterschied: Am Ende liegen Conway und Flyer eng beisammen und unterscheiden sich vor allem durch den Charakter. Das Conway Xyron ist kurvengierig, handlich und komfortabel, das fahrstärkere All Mountain E-Bike ist aber das zielstrebige und dafür weniger verspielte Flyer Uproc X. Die starke Kletter-Performance und Details wie der schöne Rahmen sichern dem Flyer E-EMT am Ende knapp den Sieg nach Punkten. Die eMTB Challenge als lässiger Szenetreff und unterhaltsames Rennformat war mit beiden Bikes eine echte Gaudi.
¹ Die Reichhöhe wurde bei standardisierten Messfahrten an einem Asphaltanstieg mit 12,2 Prozent Steigung ermittelt. Höchste Unterstützungsstufe, 150 Watt Tretleistung des Fahrers, Fahrergewicht inkl. Ausrüstung 90 kg. In Klammern die Höhenmeter im deutlich gedrosselten Notlauf-Modus. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bezieht sich auf die Fahrt bei voller Unterstützung.
² Ermittelt auf Prüfständen im EMTB-Testlabor, Gewicht ohne Pedale. Akku-Gewicht ggf. inkl. verschraubtem Cover.
³ Herstellerangabe