Josh Welz
· 08.01.2017
Das All Mountain Canyon Spectral sollte eigentlich nur die Wartezeit auf Canyons Enduro-Modell Strive überbrücken. Doch aus der Zwischenlösung wurde eine Dauerbeziehung.
DAUERTEST-LEISTUNG:
3400 Kilometer | 27700 Höhenmeter
Ende 2014 hatte ich mich eigentlich für das Canyon Strive als Dauertest-Bike entschieden. Da das Modell noch nicht lieferbar war, schickte der Koblenzer Versender sein All Mountain Spectral als Zwischenlösung. Eine Probefahrt später hatte ich das Strive vergessen – und ein paar Wochen später bereits abbestellt. Das Spectral führte mir vor Augen, was ich eigentlich wusste: Nicht der maximale Federweg gibt den Ausschlag. Zwar bietet das Fahrwerk des 12,5 Kilo leichten All Mountains "nur" 140/150 mm Federweg, doch die Komposition der Winkel, Rohre und Komponenten schafft den Brückenschlag zum Enduro: langer Reach, flacher 66er-Lenkwinkel, griffige Reifen, starke Bremsen, fluffige Federelemente.
Bei all seinem fahrerischen Talent, das Spectral musste auch im schnöden Alltag herhalten – für die tägliche Fahrt ins Büro, bei allen Wettern und inklusive Streusalzbeschuss. Natürlich wurde das Bike dabei nicht nach jedem Einsatz mit Hingabe gepflegt, wie es nach einer Tour Gang und Gäbe sein sollte. Vor allem über den Winter hatte das Spectral daher schwer gelitten: Im Frühjahr 2015 war der Antrieb sichtbar verrottet, die Schaltung zickte, und auch die Gabel ging nur noch zäh. Ein umfangreicherer Reinigungs-Service stand an. Kette und Ritzel wurden entrostet und in eine pflegende Fettpackung getaucht, Schaltzüge mit Öl mobilisiert, die Rock Shox Pike in Einzelteile zerlegt und die Dichtungen mit reichlich Fett versorgt. Etwas Probleme bereiteten auch die Begleitgeräusche am Spectral: Das Knacken und Knarzen in Cockpit und Antrieb waren nur temporär zu beheben. Mal war’s der Steuersatz, mal der Vorbau, mal das Tretlager – irgendetwas knarzte immer.
Im November 2015 brauchte dann die Gabel einen Rundum-Service: Dichtungen, Öl und Buchsen wurden erneuert. Nur wenige Wochen später kollabierte der Hinterbau: Der Dämpfer war über Nacht komplett zusammengesackt und nicht mehr aufzupumpen. Beim Service stellte sich heraus, dass eine Dichtung gequetscht war – laut Hersteller ein Montagefehler.
Fazit: Unterm Strich passte das Spectral perfekt zu meinen Bedürfnissen: Ein Grenzgänger zwischen All Mountain und Enduro, das perfekte All-in-one-Bike. Im Alltag verdiente sich das Canyon keine Ruhmeslorbeeren. Besonders der Salzfraß im Winter scheint Highend-Bikes gar nicht zu schmecken.
Funtionalität 6 von 6 Punkten
Haltbarkeit 3 von 6 Punkten
DEFEKTE
• 800 km: Antrieb verrottet, Gabel geht zäh – Der Wintereinsatz nebst Streusalzbeschuss hinterließ seine Spuren. Kette und Ritzel wurden entrostet und gefettet. An der Rock Shox Pike wurden die Tauchrohre abgezogen, Gabel samt Dichtungen gereinigt und mit reichlich Fett versorgt.
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1600 km: Knarzen in Cockpit und Antrieb – Steuersatz ausgebaut und gefettet; Vorbau und Schrauben am Vorbau gefettet.
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2600 km: Dämpfer zusammengesackt – Der Check beim Hersteller ergab, dass eine Dichtung gequetscht war. Dadurch kam es zum Luftaustausch zwischen Positiv- und Negativ-Kammer. Die Dichtung wurde erneuert.
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2600 km: Gabel ruckelt – Die Gabel wurde zum Service geschickt. Dichtungen, Öl und Buchsen wurden erneuert.
BEZIEHUNGS-HIGHLIGHTS
DER TESTER
Josh Welz, BIKE-Chefredakteur (48 Jahre/1,83 m/80 kg)
Fahrerprofil Täglich Brot sind die Isar-Trails direkt vor der Haustür. Am Wochenende geht’s in die Bayerischen Alpen, immer auf der Suche nach knackigen Trails. Zwischendurch die Jahres-Highlights: Ötztal, Aostatal, Dolomiten und Korsika waren es 2015.
Lieblingsgsreviere Ötztal, Saalbach
DAS SAGEN DIE LESER ZUM CANYON SPECTRAL AL
• "Habe das Spectral seit August 2015. Das Bike ist eine Rakete, sowohl im Uphill als auch Downhill. Die Parts sind stimmig ausgewählt und funktionieren einwandfrei." Leon B., Facebook
• "Ein Spaßgerät vor dem Herrn. Bergauf wurde es mit dem 34er-Kettenblatt teilweise ein bisschen anstrengender." Robert M., Facebook