Acht Touren-Fullys mit 120 mm Federweg im Vergleich

Christoph Listmann

 · 17.11.2015

Acht Touren-Fullys mit 120 mm Federweg im VergleichFoto: Wolfgang Watzke
Acht Touren-Fullys mit 120 mm Federweg im Vergleich

Das Tourenbike, das alles kann, rollt auf 27,5 Zoll-Laufrädern und federt mit 120 bis 130 Millimetern. Manche sagen, hier findet jeder seine Erfüllung. Die acht Touren-Fullys im Test.

Die deutschen Mittelgebirge – ein starkes Stück Deutschland, so heißt der Slogan. Fullys mit 120-130 Millimetern Federweg sind die perfekten Begleiter fürs Mittelgebirge. Wir stellen uns vor, mit dem lang gestreckten Superior über die Forststraßen im Taunus zu hetzen oder mit dem komfortablen Ghost die Wurzelteppiche des Bayrischen Waldes weichzuklopfen. Wir würden mit dem Canyon beim Neustadt-Marathon starten, das Merida am Ochsenkopf ausreiten und mit dem Rocky Mountain über die anspruchsvollen Schwarzwald-Singletrails rumpeln, zum Beispiel in – ups, halt, Stopp, jetzt wird’s illegal.

Diese acht All Mountain-Fullys haben wir getestet:

  • Canyon Nerve AL 9.0 (BIKE-TIPP Versender)
  • Ghost Kato FS 8 (BIKE-TIPP Fachhandel)
  • Giant Anthem SX
  • Merida One-Twenty 7.800
  • Rocky Mountain Thunderbolt 750
  • Rose Ground Control 2
  • Stevens Sella ES
  • Superior XF 947
Canyon Nerve AL 9.0 2015
Foto: Georg Grieshaber

Von sportlich bis abfahrtsorientiert ist alles dabei

Acht Bikes haben wir für diesen Vergleich ausgewählt. In der attraktiven Preisklasse zwischen 2299 und 2800 Euro stehen nicht viele Modelle parat. Das verwundert uns, heißt es doch, diese Bikes und diese Preisklasse würden zu den Attraktivsten am Markt gehören. Wer BIKE regelmäßig und zwischen den Zeilen liest, der weiß, dass die Branche durchaus dran zu knabbern hat, alle Nischen mit Produkten zu füllen. Hardtails, Fullys, diverse Laufradgrößen und x-verschiedene Federwege führen dazu, dass nicht mehr alle Firmen in jede Lücke stoßen. Und seit dem Umstieg von 26 auf 27,5 Zoll sind gerade die Bikes mit 120 Millimetern Federweg auf der Suche nach ihrer Identität. Den Beleg dazu liefert einmal mehr das BIKE-Testlabor. Im Zeitalter von 26 Zoll galten die 120er-Fullys als leichtfüßige und flotte Sportler, als Marathon-Bikes mit Komfort- und Sicherheitsplus. Die 27,5-Zoll-Revolution hatte zwar keine Auswirkungen auf den Federweg, aber auf die Geometrien (flachere Winkel), das Gewicht (höher), die Laufräder (massiver) sowie die Ausstattung (abfahrtsorientierter). In Zahlen ausgedrückt: Im Schnitt wiegen die Testprobanden fahrfertig satte 13,3 Kilo. Das führt dazu, dass diese Bikes nicht Fisch sind, und nicht Fleisch. Schwierig, damit treffsicher eine breite Zielgruppe zu begeistern. Sie sind weder ausgesprochene Tempomacher, noch speziell abfahrtsorientiert gebaut. Doch sie werden, so unsere Einschätzung, genau deshalb so problemlos verkauft. Wir haben den Verkäufer-Text im Ohr: "Die Bikes sind die goldene Mitte", "… das Beste aus zwei Welten" oder: "… genau richtig, um sich alles offenzuhalten."

  Uphill-Rennen gewinnt man mit dem sportlichen All Mountains zwar nicht, aber die meisten der 120-Millimeter-Bikes klettern gut.Foto: Wolfgang Watzke
Uphill-Rennen gewinnt man mit dem sportlichen All Mountains zwar nicht, aber die meisten der 120-Millimeter-Bikes klettern gut.

Unsere Testkandidaten bieten mehr als ein Mindestmaß an Fahrkomfort. Ihre Anschaffung erfordert keinen Kleinkredit. Wer einen breiten Einsatzbereich bevorzugt, der schlägt zu. Insbesondere, weil offensichtlich die Uhr tickt. Wer die Nachrichten verfolgt, kennt die Geschichte vom starken Dollar und dem schwachen Euro – was dafür sorgt, dass Bikes zeitnah teurer werden (siehe S. 16). Der Blick auf die Ausstattungen unserer acht Modelle bestätigt, dass das Preis/Leistungsniveau aktuell sehr kundenfreundlich ausfällt. Wer jetzt nicht kauft, ist selbst schuld. Nicht nur Versender, sondern auch Fachhandelsmarken locken mit XT-Schaltgruppen, adäquaten Bremsen und hochwertigen Laufrädern. Und eine Teleskop-Stütze darf natürlich auch im Mittelgebirge nicht fehlen.

Warum aber haben wir die Bikes am Gardasee und nicht im Mittelgebirge getestet? Weil dann verborgen geblieben wäre, dass ein 110er-Vorbau für harte Abfahrten ungeeignet ist, dünne Reifen mit Leichtschläuchen an scharfkantigen Felsen kapitulieren und 120 Millimeter Federweg nicht für jedes Terrain ausreichen. Zudem hatte unsere Testcrew Ende Februar eher Lust auf seelenruhiges Lago-Dolce-Vita, statt auf matschig-graue Mittelgebirgsschneereste.

Falls Sie einen Bike-Kauf planen: Inspiration für Trail-Erlebnisse in unbekannten Regionen finden Sie auf der eingangs erwähnten Website: www.deutschemittelgebirge.de. Es locken unter anderem: Wasserkuppe, Fichtelberg, Feldberg, Großer Feldberg, Brocken, Großer Arber, Erbeskopf, Döbraberg, Donnersberg, Kalmit, Katzenbuckel oder der Fichtelberg. Und wenn Sie alle diese Gipfel raufgestrampelt sind, fangen Sie einfach mit den Durchquerungen an: Thüringer Wald, Rhön, Schwäbische Alb, Erzgebirge, Pfälzer Wald, Odenwald, Taunus, Hunsrück, Spessart und Harz.


Zum großen Vergleichstest der All Mountain Sport-Fullys aus BIKE 5/15 finden Sie hier die ausführliche Punktetabelle zum Download.

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