Stefan Loibl
· 21.03.2023
Mit den 1x11-Antrieben hat Sram den Umwerfer beerdigt. Nun folgt mit der Sram Eagle Transmission die nächste Generation von MTB-Schaltungen der US-Amerikaner. Die neuen elektronischen Sram AXS-Schaltungen verzichten auf ein Schaltauge, bieten 1x12 Gänge, vereinfachen den Einstellprozess und sind extrem robust. Wir stellen die drei neuen Sram Eagle AXS-Schaltgruppen fürs Mountainbike ausführlich vor.
Inhaltsverzeichnis
Nach vielen Gerüchten um das UDH-Schaltauge und die Prototypen bei der Mountainbike-Weltmeisterschaft 2022 in Les Gets lässt Sram die Katze aus dem Sack: Mit seiner neuen Eagle Transmission läutet Sram eine radikal neue Generation von MTB-Schaltungen ein. Zwar ohne 13. Ritzel an der Kassette und nur als elektronische AXS-Schaltgruppen, aber dafür mit grundlegend vereinfachtem Einstellprozess und besonders robust ausgelegten Komponenten.
Mit der größtenteils in Schweinfurt entwickelten neuen Sram AXS-Generation setzen die US-Amerikaner Marktführer Shimano erneut unter Druck. Denn während man bei Shimano eher in Richtung E-Bike-Neuheiten entwickelt, hat Sram in den vergangenen Jahren den Mountainbike-Schaltungsmarkt nachhaltig geprägt: Nach der Beerdigung des Umwerfers durch 1x11-Gangschaltungen im Jahr 2012 preschte Sram mit seinen 1x12 Eagle-Antrieben wenig später erneut vorneweg.
Mit den elektronischen, kabellosen Sram AXS-Schaltungen, die sich seit 2019 rasend schnell an hochwertigen Mountainbikes verbreiten, folgte der nächste Seitenhieb in Richtung der Japaner. Eine Antwort von Shimano – etwa in Form einer neuen Generation der Shimano Di2 – lässt seit Jahren auf sich warten.
Doch Sram legt weiter vor und packt für 2023 im Wettrüsten am MTB-Schaltungsmarkt sogar noch eine Schippe drauf: Bei den drei neuen Sram Eagle Transmission-Antrieben spricht der Komponentenriese von der “ersten Schaltung, die speziell fürs MTB gemacht ist”. Sram-Produktmanager Andreas Kölsch, der in den vergangenen fünf Jahren das Projekt begleitete, nennt die nächste Sram AXS-Generation die “robusteste MTB-Schaltung, die es je gegeben hat”.
Bereits 2018 startete Sram mit der geheimen Schaltungsentwicklung, das firmenintern den Namen “Top Gun Projekt” trug. Mit dem Ziel: Schwachstellen der aktuellen Eagle-Antriebe zu eliminieren - wie etwa defekte Schaltaugen oder falsche eingestellte und damit nur hakelig funktionierende Schaltungen.
Zuerst ging es dem klassischen Schaltauge an den Kragen. Denn diese meist aus Aluminium gefertigten Spezialteile am hinteren, rechten Ausfallende des Rahmens sind einerseits die Aufhängung für das Schaltwerk und dienen andererseits als Sollbruchstelle, um teuren Rahmen und Schaltwerk zu schützen. Fakt ist aber auch, dass verbogene Schaltaugen ganz oft die Ursache für zickende Schaltungen sind.
Deshalb brachte Sram 2019 mit dem Universal Derailleur Hanger (kurz UDH) ein eigenes Schaltauge auf den Markt. Sram verlangte von Bike-Herstellern keine Lizenzgebühren, um das UDH-Schaltauge zu verbauen. Auch für Endkunden brachte das Vorteile: Ein Ersatzschaltauge kostet nur 10-15 Euro und man bekommt es einfacher als die meisten Schaltaugen-Speziallösungen der Fahrradhersteller. Und so kam es, dass die Mehrzahl der Mountainbike-Neuentwicklungen seit 2019 als Schnittstelle zwischen Rahmen und Schaltwerk auf UDH setzt.
Nur allzu lange nach der Einführung holte Sram 2019 auch die Bike-Entwickler ab und erklärte den Herstellern, dass das UDH-Schaltauge gleichzeitig den Einbaustandard für die nächste Sram AXS-Generation verkörpert. Mittlerweile sind über 300 MTB-Modelle am Markt mit UDH ausgestattet, d. h. an diesen Bikes kann man die neuen Eagle Transmission-Schaltungen fahren bzw. nachrüsten.
Zum Start bringt Sram drei Qualitätsstufen und Versionen seiner Eagle Transmission Antriebe für Mountainbiker und E-Biker auf den Markt. Die XX SL ist die teuerste und leichteste MTB-Schaltung für den Einsatz an Race-Bikes und leichten Trailbikes. Die XX tritt in die Fußstapfen der XX1 Eagle AXS und ist gleichzeitig die Top-Gruppe für E-Mountainbikes.
Die neue X0 setzt auf eine neue Alu-Kurbel statt Carbon als Werkstoff und ist etwas schwerer als die XX-Komponenten, dafür aber auch günstiger. Sie ordnet sich in etwa auf dem Preisniveau mit der mechanischen XX1 Eagle ein. Alle Komponenten dieser drei Sram-Schaltgruppen lassen sich untereinander mixen.
Die Kompatibilität mit der klassischen Sram Eagle-Generation ist allerdings nicht gegeben. Das liegt am neu eingeführten T-Type Zahnprofil, das Kette, Kettenblatt, Kassette und Schaltwerk der Eagle Transmission besitzen. Zudem benötigt die Eagle Transmission spezielle Wide-Kurbeln mit einer 55-mm-Kettenlinie.
Wir haben die neuen Sram Eagle Transmission-Komponenten bereits alle gewogen. Hier die Gewichte von XX SL, XX und X im Vergleich zu einer Shimano XTR. Die Preise der neuen Sram MTB-Schaltungen toppen alles Bisherige. Die Sram Eagle Transmisstion ist die teuerste Schaltgruppe der Welt.
In Sachen Gewicht liegt aber nur die XX SL-Version vor der wesentlich günstigeren Shimano XTR. Eins der neuen Sram-Schaltwerke alleine kostet 660-700 Euro. Für eine zusätzliche Powermeter-Kurbel, die Sram bei der XX SL und der XX anbietet, kommen nochmals 300-600 Euro obendrauf.
Bis die neue Schaltungsgeneration auch zu günstigeren Preisen - beispielsweise in einer GX-Version - zu haben ist, kann es noch dauern. Ob die Eagle Transmission-Technologien je auch an mechanischen Sram-Schaltungen zum Einsatz kommen, ist offen, aber eher unwahrscheinlich.
Bei der leichten Top-Funkschaltgruppe spart Sram durch einen Carbon-Schaltwerkskäfig, Carbon-Kurbeln und das Weglassen der Kurbel-Bashguards Gewicht im Vergleich zur XX. Bei der neuen SL-Kette im Flattop-Design sorgen hohle Nieten für ein paar Gramm Gewichtsersparnis.
Zukünftig sind die XX und XO preislich und Komponenten-seitig deutlicher getrennt. Die XX-Version der Eagle Transmission bleibt die Top-Schaltgruppe für jegliche Art von Mountainbikes und E-MTBs. Mit einem Gesamtgewicht von 1726 Gramm liegt sie etwa auf dem Niveau der Shimano Deore XT.
Die X0-Version (nicht mehr X01 wie in der Vergangenheit) der Eagle Transmission wird die neue Sram-Schaltgruppe sein, die man am häufigsten sieht, da sie das beste Preis-Leistungsverhältnis hat. Hingucker und Erkennungsmerkmal ist die neue Aluminium-Kurbel der X0. Welle und Kurbel bestehen aus einem Teil und werden aus einem Alu-Block gefräst. Das macht die in den USA entwickelte MTB-Kurbel auch gut recyclebar. Das markante Loch hat keinen Einfluss auf die Steifigkeit und drückt das Gewicht. Inklusive der abschraubbaren Bashguards wiegt die neue X0-Alu-Kurbel 684 Gramm. Einzeln kostet sie ohne Innenlager 360 Euro.
“Full Mount” nennt Sram die beidseitig am Ausfallende sitzende Befestigung ohne Schaltauge. Dadurch entfallen Toleranzen zwischen XD-Freilauf, Kassette, Schaltwerk und Hinterradachse. Zudem schafft die neue Schaltaugen-Befestigung eine viel stärkere Verbindung, da sie auf beiden Seiten des Rahmens greift und das Schaltwerk von Achse und Rahmen gestützt wird.
Viele werden sich fragen: Was ist mit der Sollbruchstellenfunktion des klassischen Schaltauges? Ist der Rahmen kaputt, wenn ich mit Eagle Transmission stürze? Nein, denn das neue Sram AXS-Schaltwerk ist mit dem Achssystem verbunden und so konstruiert, dass es extrem robust ist. Laut Sram sollen Schaltwerks-Totalschäden oder -Abrisse damit Geschichte sein.
Eine weitere Neuerung, die man am neuen Sram Eagle Transmission-Schaltwerk vergeblich sucht, sind Einstellschrauben. Die beiden Begrenzungsschrauben sind überflüssig, da das unter der Kassette sitzende Schaltwerk sowieso immer passend zum Ritzelpaket positioniert ist. Um eine noch einfachere Schaltungseinstellung für jeden Mountainbiker zu gewährleisten, hat Sram auch die Einstellschraube zur Chain Gap-Justage (B Gap-Schraube) entfernt. Bei aktuellen Sram-Schaltwerken braucht man dafür das Chain Gap Tool und musste bei Fullys im SAG die richtige B-Gap Einstellung finden - wozu man zwei Personen brauchte. Bei der neuen Eagle Transmission dagegen gibt’s am Schaltwerk nur noch zwei Positionen (A oder B). Über den sogenannten “Setup Key” oder die AXS-App gibt Sram konkrete Chain Gap-Handlungsempfehlungen für jedes Bike-Modell und jede Rahmengröße, ob die Schraube auf A oder B stehen muss. Auch die passende Kettenlänge gibt Sram per App mit genauen Gliederzahlen an, so dass das Ablängen nach Augenmaß entfällt. Alles in allem vereinfacht Sram den Einstellprozess bei der Eagle Transmission deutlich, um so mögliche Fehlerquellen auszuschließen. Aber Achtung Hobbyschrauber: Der Montage- und Einstellprozess funktioniert grundlegend anders als man es von aktuellen Shimano- oder Sram-Schaltwerken kennt.
Bei der Abstufung der Ritzel hat Sram bei den Sprüngen der großen Ritzel nachgebessert. Die Eagle Transmission-Kassetten mit 10-52 Zähnen haben eine Übersetzungsbandbreite von 520%, setzen weiterhin auf den bewährten XD-Freilauf und bieten eine verbesserte Gangabstufung mit 38 und 44 Zähnen im Bereich der Berggänge (im Vergleich zur 10-52er Kassette des klassischen Eagle-Antriebs). So sollen die Sprünge beim Fahren im Uphill homogener sein. Mit der neuen Kassette kommt Sram der Abstufung von Shimano sehr nahe, wobei Shimano “nur” bis maximal 51 Zähne geht. Außerdem hat Sram bei den neuen Kassetten auch intensiv an den Schaltgassen (Steighilfen) und dem Design der Zähne (X-Sync nennt es Sram) gearbeitet. Das Ergebnis: Schalten unter Volllast in beide Richtung ist dadurch möglich! Wir waren bei unseren Testfahrten selbst erstaunt, dass man wirklich zu jeder Zeit ohne Bedenken den Schalthebel betätigen kann und sich die Kette zielsicher den Weg aufs nächste Ritzel sucht. Teilweise werden die Schaltvorgänge nicht sofort nach dem Daumendruck ausgeführt, sind deshalb gefühlt in manchen Situationen etwas verzögert. Dafür kann man selbst im Wiegetritt und bei hohem Drehmoment bedenkenlos schalten.
Um Gewicht zu sparen, sind das zweite und dritte Ritzel nun aus Aluminium und auf den Kassettenkörper aufgepinnt. Der rote Kunststoffring bei allen Eagle Transmission-Kassetten markiert den siebten Gang, der gleichzeitig das Einstellritzel fürs Setup ist. Sram wählt ein mittleres Ritzel, da dadurch die Chain Gap-Einstellung über die komplette Kassette hinweg besser passt. Beim Preis setzt Sram neue Maßstäbe: Zwischen 480 und 720 Euro kosten die Kassetten einzeln als Nachrüst-Komponente.
Bei den Ketten übernimmt Sram das Flattop-Design, das man bereits von den Rennrad- und Gravel-Schaltungen der US-Amerikaner kennt. Allerdings kommen bei den MTB-Schaltungen nicht dieselben Ketten zum Einsatz wie auf der Straße, sie haben nur das namensgebende Design mit flachen Oberseite gemein. Aussparungen an den Außenlaschen drücken das Gewicht, so dass eine XX SL-Kette der Eagle Transmission (126 Glieder) nur 265 Gramm samt Kettenschloss auf die Waage bringt. Durch das neue T-Type-Design sind die Ketten auch nur mit den Transmission-Antrieben nutzbar. Die leichteste XX SL-Version darf zudem nicht am E-Bike genutzt werden, die XO- und die XX-Ketten sind dagegen auch für E-MTBs zugelassen. Preislich liegen die neuen Sram-Ketten zwischen 120 und 180 Euro, was eine echte Hausnummer für das Verschleißteil Nummer eins beim Mountainbike ist.
Mit seinen neuen MTB-Schaltungen bringt Sram auch neue AXS Controller - Funkschalthebel für die elektronischen AXS-Gruppen - auf den Markt. Die neuen AXS Pods sind kleiner und leichter als alle bisherigen AXS Controller fürs MTB. Der Ultimate AXS Pod samt der neuen Infinity-Lenkerschelle wiegt nur 46 Gramm. Zudem hat Sram die Ergonomie verbessert: Man bekommt nun deutlicheres, haptisches Feedback, wenn man den Schaltknopf gedrückt hat. Zudem lassen sich die AXS-Pods je nach Armaturen und Lenkerform deutlich vielfältiger einstellen. Durch die neue Infinity-Lenkerschelle kann man sie stufenlos justieren und mit ein und derselben Schelle an beiden Seiten nutzen. Gespeist wird der AXS Pod von einer CR2032-Knopfzelle und er ist staub- und wasserdicht. Die Ultimate-Version der neuen AXS Pods kann man zudem mit konvexen und konkaven Knöpfen individualisieren. Die neuen Sram AXS-Schalthebel lassen sich genauso individuell programmieren wie die bisherigen AXS Controller und sind zudem auch an alten AXS-Schaltungen nachrüstbar. Preis: 180-240 Euro je nach Ausführung.
Bei der XX SL und der neuen XX kommen dieselben Hohlkern-Carbon-Kurbeln wie bei den bisherigen Sram Eagle-Schaltgruppen zum Einsatz. Einzig die Aluminium-Kurbel der X0 ist eine komplette Neuentwicklung. Die Kettenblätter mit dem neuen T-Type-Zahnprofil sind neu und sorgen dafür, dass man die Kurbel nicht mit alten Sram Eagle 12fach-Schaltungen mixen kann. Von der XX und der X0 Eagle Transmission gibt’s zudem spezielle Kurbeln für E-MTBs. Hingucker der neuen Sram-Kurbeln sind die zwei abnehmbaren und austauschbaren Bashguards. Auf dieses Zusatzgewicht verzichtet die XX SL-Kurbel. Alle drei neuen MTB-Kurbeln kann man nachträglich mit einem Powermeter ausstatten.
BIKE: Warum können Mountainbikes zukünftig auf ein Schaltauge verzichten?
Frank Schmidt: Naja, weil es jetzt Schaltwerke gibt, die direkt am Rahmen befestigt werden. Damit werden sämtliche Toleranzen, die im Rahmen und beim Schaltauge momentan auf dem Markt sind, eliminiert. Das Schaltwerk ist dadurch direkt zur Kassette positioniert und damit sind viele Vorteile verbunden.
BIKE: Ihr redet zwar nicht von einem neuen Standard, der ist ja auch nicht ist. Aber trotzdem gebt ihr mit UDH etwas Neues vor, dass man braucht, um die Eagle Transmission zu fahren. Seid ihr da offen was diese Rahmenschnittstelle angeht? Seid ihr offen, dass auch andere Schaltungshersteller vielleicht in Zukunft diese Anbindung nutzen können?
Also prinzipiell sind wir offen bis zu einem gewissen Punkt. Wir haben natürlich unsere Technologie Patent-mäßig abgesichert. Wir wollen jetzt nicht, dass wir sofort kopiert werden. Aber andere Lösungen, die diesen Standard nutzen, sind definitiv möglich. Und nach wie vor ist es auch möglich, ein UDH-Schaltauge zu montieren, um traditionelle Systeme zu verwenden.
BIKE: So die Entwicklung der letzten Jahre war:2x10, 1x11 und dann 1x12. Jetzt geht die Eagle Transmission aber nicht zu 1x13, sondern eher Richtung Robustheit. Ist die 1x13 Schaltung damit abgeschrieben oder nur aufgeschoben und kann irgendwann in einem nächsten Schritt kommen?
Wir haben uns dagegen entschieden, ein 1x13 System umzusetzen. 13 Gänge hätten wieder alles breiter gemacht, hätten die Abstände dünner gemacht und hätten die Einstellbarkeit wahrscheinlich kritischer gemacht. Eine 13fach MTB-Schaltung hätte also viele Kompromisse bedeutet. Und wir haben den Nutzen nicht gesehen, wo man diesen einen Gang tatsächlich noch hätte platzieren können. Man hätte ein noch größeres Ritzel machen können, aber unsere Daten zeigen, dass das eigentlich keiner braucht. Die Spreizung, die vorhanden ist, reicht für 99% der Fahrer aus. Insofern haben wir uns entschieden, dass wir uns auf die Robustheit fokussieren und das System einfacher und einstellfreundlicher machen.
BIKE: Thema Robustheit: Trotz aller Robustheit sind eine Kette und eine Kassette ja trotzdem Verschleißteile, woran nichts ändert. Sind die neuen Eagle Transmission Antriebe haltbarer als das, was man bisher kennt?
Die neue Eagle Transmission ist in Sachen Verschleiß auf einem ähnlichen Niveau wie die bisherigen Eagle-Schaltungen, die bereits sehr langlebig sind. In manchen Bereichen ist sie sogar etwas haltbarer, das kommt aber stark auf den individuellen Einsatzbereich und die Pflege an.
BIKE: Ihr habt den Einstellprozess bei der Eagle Transmission teils eliminiert bzw. massiv vereinfacht. War das wirklich etwas, was ihr als Problem festgestellt habt, warum Schaltungen draußen nicht funktionieren?
Definitiv! Gerade das Einstellen des Chain Gaps, also der Umschlingung, soll bei bisherigen Systemen im SAG erfolgen. Das ist für Viele schwierig umzusetzen und damit eine große Fehlerquelle. Oft gibt es auch Missverständnisse, so glauben viele Biker, dass mit der Schraube die Kettenspannung oder Ähnliches eingestellt wird. Als Entwickler ist man ständig von Experten umgeben, das darf man aber später in der Praxis nicht erwarten.
BIKE: Früher konnte man Schaltungskomponenten am MTB wild zusammen mixen. Beispielsweise bei 2x10, 3x10 oder Elffach-Antrieben konnten Biker teilweise Komponenten kombinieren von unterschiedlichen Schaltungsherstellern oder Drittanbietern. Ist die Zeit mit der Eagle Transmission jetzt endgültig vorbei?
Wir haben die Eagle Transmission konsequent als Gesamtsystem entwickelt. Es ist gut möglich, das andere Hersteller in Zukunft kompatible Kurbeln oder Ketten entwickeln werden, aber mit bisherigen Parts sind die neuen Antriebe nicht kompatibel. Für maximale System-Performance, müssen die Einzelkomponenten zusammen entwickelt und aufeinander abgestimmt werden.
BIKE: Als Schaltgruppe an neuen Bikes wird die Eagle Transmission sicher zahlreich zu finden sein demnächst. Aber wie sieht es mit dem Nachrüsten aus? Funktioniert’s überhaupt? Wenn ja, was braucht mein Bike, damit ich sie nachrüsten kann?
Im Wesentlichen nur den UDH. Alte Schaltgruppe abschrauben und das neue System montieren. Man braucht keine neue Nabe, auch wenn die Kassetten etwas nach außen wandert. Die Eagle Transmission kann man an allen Mountainbikes mit Boost und UDH montieren.
BIKE: Thema Recycling und Reparierbarkeit. Wie wichtig war das beim Entwicklungsprozess und in welche Teile ist es ganz konkret eingeflossen?
Das Thema wird bei uns im Entwickler-Team immer wichtiger. So ist z. B. die X0-Kurbel jetzt aus Aluminium statt aus Carbon. Außerdem bestehen Kurbel und Achse aus einem Teil, was bedeutet, dass es sortenrein recycelt werden kann. In der Praxis ist das meist noch eine Herausforderung, aber daran arbeiten wir. Beim Schaltwerk lassen sich nun einige Teile wie die äußeren Links austauschen, wenn diese bei Stürzen verkratzt oder anderweitig beschädigt wurden. Wir haben sogenannte Skid Plates, die die Hauptkomponenten zusätzlich schützen. Diese können einfach ausgetauscht und recycelt werden. Und letztendlich wäre das Schaltwerk bei einem Totalschaden auch komplett zu zerlegen um ein relativ sortenreines Recycling zu ermöglichen.
BIKE: Und zudem lässt sich beim Schaltwerk der Eagle Transmission auch nur der Käfig ersetzen, oder?
Genau, das ist auch eine Neuerung. Das Hauptschaltwerk mit dem Parallelogramm ist definitiv extrem robust. Was man nicht komplett nicht ausschließen kann, dass der Käfig durch Stöcke in den Speichen oder Stürze verbogen wird. Dann lässt sich die komplette Käfigeinheit sehr einfach und sogar werkzeuglos austauschen.
BIKE: Wahnsinn, wie viel Know How und Details in der Kassette stecken. Wie viel Entwicklung ist da hineingeflossen und ist die Kassette am Ende das Teil an der Eagle Transmission, das entscheidend für die Funktion ist?
Das Eagle Transmission-Schaltwerk ist sicherlich der Eyecatcher bei dem ganzen System und bekommt am meisten Aufmerksamkeit. Aber letztendlich fährt das Schaltwerk einfach nur eine neue Position an. Wie gut es schaltet, ist im Wesentlich vom Design der Kassette und auch dem Zusammenspiel mit der Kette abhängig. Da ist sehr viel Aufwand reingesteckt worden und sehr viel Detailarbeit. Deshalb ist die Kassette für die Schaltperformance extrem wichtig.
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