BIKE Magazin
· 18.07.2016
Ein E-Mountainbike besteht aus mehr als nur dem Motor. Trotzdem spielt die Wahl des Antriebs beim E-Mountainbike-Kauf eine ganz zentrale Rolle.
Der Motor hängt als zentrales Funktionselement im Rahmen, kein Wunder, dass er viel Aufmerksamkeit bekommt. Für die Bike-Hersteller manchmal mit ungewünschten Konsequenzen: Die Kunden fragen nicht mehr nach einem bestimmten Bike, sondern nach einem bestimmten Motor – die Bike-Herstellerfirma verkommt zum Statisten. Früher musste ein Shimano-XT-Schaltwerk an der Hinterachse eines Mountainbikes hängen, bei E-Mountainbikes scheint diese Rolle im Moment der Bosch-Motor einzunehmen.
Bosch hat die Zeichen des E-Bikes früh erkannt und darauf reagiert. Während andere in den letzten Jahren noch mit der Entwicklung oder zumindest noch mit Kinderkrankheiten kämpften, konnten die Schwaben zuverlässig liefern. So viel zur Vergangenheit. 2016 zeigt sich bereits eine größere Vielfalt auf dem Motorenmarkt, und sicher werden die Karten in diesem Jahr neu gemischt. Manche Systeme – dazu gehört auch das von Bosch – lassen den Bike-Firmen weniger Freiraum bei der Konstruktion des Bikes, viele Einstellungen und Anbauteile sind vorgegeben. Andere Antriebe, wie etwa Brose, sind in diesem Punkt variabler und ermöglichen eigenständige Lösungen, Motoren und Akkus im Bike zu integrieren. Zunehmend geht der Trend auch dahin, Displays und eigene Software zu individualisieren. Speziell durch die Software-Abstimmung lässt sich die gesamte Charakteristik des Motors beeinflussen und damit das Fahrverhalten individuell auf das Bike einstellen. In der folgenden Übersicht stellen wir Ihnen übersichtlich und vergleichbar die Eckdaten der einzelnen Systeme vor. Wichtig zu wissen: Die Dauerleistung der Motoren ist auf 250 Watt limitiert, als Anhaltspunkt für die größte Power kann man das Drehmoment heranziehen. Die Akku-Kapazität ist zwar ein grundsätzliches Indiz für die Reichweite, allerdings weichen die realen Werte häufig von den Werksangaben ab. Darum muss bei unseren Tests jedes Bike in der Realität beweisen, wie weit der Akku reicht.
MITTELMOTOR
Mit der Geburt der E-Mountainbikes hat sich der Mittelmotor in Windeseile als
das beste Konzept etabliert. Inzwischen gibt es zahlreiche Systeme von verschiedenen Herstellern. Die Vorteile überwiegen deutlich: Durch integrierte Getriebe arbeiten die Elektro-Motoren bei schneller Drehzahl, dadurch haben sie einen hohen Wirkungsgrad. Außerdem ist der Schwerpunkt des Bikes zentral und tief, dadurch lässt es sich angenehm steuern. Nachteile: hoher Kettenverschleiß, aufwändigere Technik – daher teuer.
HECKMOTOR
In Hardtails sind Hinterradmotoren durchaus üblich. Allerdings zeigen sie häufig Schwächen am Berg. Insbesondere bei langen Steigungen neigen viele Systeme zum Überhitzen oder unterstützen zu wenig. In vollgefederten Rädern wirkt sich das hohe Gewicht des Hinterradnabenantriebs negativ auf die Fahrwerks-Performance aus. Ebenfalls stört die hecklastige Gewichtsverteilung der Bikes. Nabenmotoren im Vorderrad sind, wegen ihrer negativen Einflüsse auf das Fahrverhalten, für sportliche Pedelecs überhaupt keine Option.
ADAPTIVE ANTRIEBE
Der Markt für Nachrüstantriebe ist groß, und es gibt durchaus Systeme, die nachträglich am Bike verbaut passabel funktionieren. Wer abseits der Straße unterwegs ist und außerdem gern viel Federweg bewegt, der sollte mal einen genaueren Blick auf das Ego-Kit werfen. Es lässt sich schnell ans Tretlager anflanschen, der Akku-Pack verschwindet im Rucksack. Für Hardtails macht die BionX-D-Serie Sinn. Dem Hinterradnabenmotor in Übergröße geht nicht gleich an jedem steilen Berg die Puste aus. Problematisch: Antriebe, die schneller fahren als 25 km/h, sind im freien Gelände illegal.
Eine Marktübersicht der aktuellen E-MTB-Antriebe finden Sie unten als PDF-Download:
• Bionx D-Series
• Bosch Performance Line CX
• Brose E-Bike-System
• Cleanmobile - TQ
• Impuls EVO RS Offroad
• Panasonic Inter 2
• Shimano STEPS E6000
• Yamaha PW
Stephan Ottmar, EMTB-Testleiter: Wer mit Elektro-Antrieb ambitioniert mountainbiken möchte, der kommt an einem Fully mit fix verbautem Mittelmotor kaum vorbei. Bei guten Bikes stimmt die Performance vom Fahrwerk, und alle Komponenten passen zueinander. Problematisch bei Nachrüstsystemen: Häufig sind die normalen Rahmen gar nicht für einen Antrieb konzipiert, und es stellt sich die Frage: Hält das Bike die Belastungen dauerhaft aus? Nabenmotoren schwächelten in der Vergangenheit häufig oder fielen ganz aus.