Stephan Ottmar
· 10.12.2015
Brose betritt die Bühne der Mittelmotor-Hersteller. Und der neue BionX D-Series eliminiert manche Schwäche von Hinterradnabenmotoren. Aktuelle E-Bike-Antriebe und Motoren im Vergleich.
Zwei Antriebs-Debütanten stellten sich in diesem Testfeld dem Vergleich mit der Konkurrenz: der brandneue Mittelmotor von Brose, und der seit 2014 an Wheeler-Bikes verbaute Hinterradnabenmotor BionX D-Series. Überrascht hat vor allem der BionX. Die hohe Effizienz, die das Außenläufer-Aggregat aus seinem großen Durchmesser holt, lässt den Energieverbrauch stark sinken. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bergauf ist zwar niedriger als bei Mittelmotoren, der BionX bestand die Reichweiten-Teststrecke jedoch mit Bravour und wurde gerade mal handwarm. Sinkt die Geschwindigkeit am Berg unter 10 km/h, zeigt er aber typisches Nabenmotor-Verhalten: Seine Leistung lässt spürbar nach. Broses Mittelmotor überzeugt mit Laufruhe und Präsenz. Der Antrieb reagiert sensibel und mit ausreichend Power auf den Pedaltritt, setzt prompt ein und läuft nicht nach. Längere Steigungen meistert er aber nicht so souverän wie die Konkurrenten von Bosch, Yamaha oder Impulse. Im Bergreichweitentest reduzierte er das erste Mal nach etwa 550 Höhenmetern merklich die Leistung. Kurze Abkühlpausen brachten ihn für jeweils weitere 350 Höhenmeter wieder auf Touren, bis der Akku nach 1.260 Höhenmetern leer war.
Zwiespältig präsentiert sich der Panasonic-PCT-Nabenmotor am KTM: Bei einem Tempo über 12 km/h schiebt er überdurchschnittlich, darunter wirkt er eher müde. An einer längeren steileren Rampe des Testparcours mussten wir den Test beenden, weil die Geschwindigkeit dauerhaft unter 5 km/h lag. Positiv aufgefallen ist uns der SyncDrive des Giant Talon. Neben dem BionX-D-Series ist er der einzige Hinterrad-Nabenmotor, der unseren Reichweitentest bergauf ohne Ausfall und Abkühlpause bestanden hat.
Die Steuerung ist sehr ausgewogen. Man spürt das Einsetzen oder Abschalten der Motorunterstützung nur geringfügig, und das Schalten läuft reibungslos. Die Reichweite am Berg leidet etwasunter dem hohen Energieverbrauch des Antriebs. Epische Touren sind leider nicht drin.
FAZIT
Aufgrund der guten Abstimmung fährt sich der Yamaha-Motor sehr angenehm – er ist einer unserer bevorzugten Antriebe. Lediglich etwas mehr Reichweite wäre wünschenswert.
Der Brose läuft sanft an, die Abschaltung ist sehr unauffällig. Eine Schaltsensorik gibt es nicht, bei gut eingestellter Schaltung vermisst man sie jedoch nicht. Das kompakte Design sieht schick aus, er ist mit Standard-Kettenblatt kombinierbar. Bei längerer Bergauffahrt kommt es zu Leistungseinbrüchen.
FAZIT
Wäre der Brose bei langen, steilen Anstiegen standhafter, wäre er eine echte Alternative zum Bosch. Seine Unterstützung ist etwas sanfter, für volle Power muss man selbst etwas mehr treten.
Ein internes Getriebe soll beim Panasonic PCT den Nachteil des Nabenmotorkonzepts – Überhitzung bei hoher Leistung und niedriger Drehzahl – eliminieren. Hinsichtlich der Motortemperatur funktioniert das. Erkauft wird dies jedoch mit starker Leistungsminderung bei niedrigen Geschwindigkeiten an steilen Anstiegen.
FAZIT
Für weniger steile und lange Anstiege ein echtes Powerpaket. Geht’s mal längere Zeit steil bergauf, brauchen Panasonic-Fahrer gute Beine.
Bosch hat bei den Mittelmotoren Maßstäbe gesetzt, die bis heute gelten. Die Steuerung funktioniert gut. Es gibt keine Probleme beim Schalten. Das An- und Abschalten spürt man deutlich, aber es stört nicht. Der größte Unterschied zur Konkurrenz liegt in der hohen Durchschnittsgeschwindigkeit des Bosch-Antriebs bergauf.
FAZIT
Das Konzept ist nicht neu, in den vergangenen Jahren haben die Bosch-Ingenieure bei den bewährten Motoren nur Details verbessert. Trotzdem spielt Bosch immer noch ganz vorne mit.
Mit dem D-Series hat BionX das Nabenmotorkonzept deutlich aufgewertet. Der Antrieb überhitzt nicht mehr, der Energieverbrauch ist deutlich niedriger. Das ist gut fürs Gesamtgewicht, denn der Akku kann nun etwas kleiner und damit leichter ausfallen. Ordentlich Leistung und Schub gibt’s aber erst bei Geschwindigkeiten ab 10 km/h.
FAZIT
Ein standhafter Nabenmotor, der mit niedrigem Energieverbrauch – etwa auf demselben Niveau wie bei Mittelmotoren – überzeugen kann.
Die Power des Giant SyncDrive fällt insgesamt zwar eher moderat aus, unterstützt jedoch schon ab etwa 5 km/h spürbar stärker als die Nabenmotor-Konkurrenten. Auch die Reichweite am Berg überzeugt. Zwar langsam, aber ohne Ausfall, schiebt der Antrieb nach oben, bis der Akku leer ist.
FAZIT
Vielleicht der beste Nabenmotor fürs sportliche MTB: brauchbare Leistung schon bei niedriger Geschwindigkeit und wenig Überthitzungstendenz. Nachteil: hoher Energieverbrauch.
In Sachen Motorsteuerung gibt es beim Impulse 2.0 noch Verbesserungspotenzial. Er läuft lange nach, und beim Schalten am Berg bleibt die Power so lange weg, dass gleich ein erneuter Gangwechsel fällig wird. Die maximale Power liegt etwas unter den überigen Mittelmotoren.
FAZIT
Die geringere Leistung des Impulse 2.0 fällt kaum negativ auf. Das Abschaltverhalten jedoch könnte besser sein und die Schaltunterbrechung müsste definitiv kürzer ausfallen.