Die beiden Federgabeln ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Schwarzes Casting, schwarze 35er-Standrohre und sogar identisch platzierte Rockshox-Logos. Lediglich der kleine Schriftzug auf der Gabelkrone und der Verstellknopf der Dämpfung machen deutlich, dass es sich um zwei unterschiedliche Gabeln handeln muss. Zur Linken: die Rockshox Lyrik RCT3 für 1124 Euro. Die Lyrik bildet die Speerspitze im Enduro- und Freeride-Segment, wird in der Enduro-World-Series von den schnellsten Fahrern der Welt über die Trails geprügelt und besitzt bis zu 180 Millimeter Federweg. Zur Rechten: der 360 Euro günstigere Herausforderer mit dem Namen Yari, der über das identische Casting und eine identische Lufteinheit verfügt, allerdings mit einer einfacheren Dämpfung aufwartet. Um zu überprüfen, ob sich der Aufpreis wirklich lohnt, steckten wir die beiden abgeklebten Gabeln in zwei identische Enduros und machten uns mit drei Testern auf zum selektiven Tschilli-Trail nach Latsch. Keiner der Testfahrer weiß, in welchem Bike welches Gabelmodell steckt.
Lyrik gegen Yari: Die Theorie
Da sich die beiden Gabeln lediglich vom Innenleben auf der Dämpfungsseite unterscheiden und über das gleiche Casting verfügen, sollte es im Fahrbetrieb keinerlei spürbare Steifigkeitsunterschiede geben. Der Check im Labor spuckt daher für beide Gabeln sowohl bei der Verdreh- als auch der Bremssteifigkeit bis auf eine Nachkommastelle identische Werte aus. Auch beim Gewicht liegen beide Kandidaten nahezu gleich auf. Die günstigere Yari bringt bei gleichem Federweg sogar 27 Gramm weniger auf die Waage. Hauptunterschied der beiden Gabeln ist das Dämpfungssystem. Während die Rockshox Yari mit Motion Control dämpft, kommt bei der Lyrik ein Charger-Dämpfer zum Einsatz. Beim erstgenannten System handelt es sich um ein offenes Ölbad mit einer größeren Menge an Öl. Bei der teureren Charger-Dämpfung verwendet Rockshox eine geschlossene Kartusche, die über einen dehnbaren Bladder (Gummibalg) abgedichtet wird. Der Vorteil: Das System kommt mit weniger Öl aus und verhindert durch den Ausschluss von Luft ein Aufschäumen des Öls (Kavitation) bei schnellen Federbewegungen, was eine konstantere Dämpfung bewirken soll.

Droppen, Rumpel-Trails und Draufhalten steht auf der To-do-Liste von diesen potenten 170er-Forken. Ideal für den Einsatz am Enduro. Casting, Lufteinheit und äußeres Erscheinungsbild sind bei beiden Gabeln identisch. Der Unterschied steckt in der Dämpfung. Geschlossene Charger-Kartusche bei der teuren Lyrik und ...

…eine Motion-Control-Druckstufe aus Kunststoff im offenen Ölbad bei der Yari.
Rockshox Lyrik gegen Yari im Praxistest
Nach wiederholtem Durchtauschen und einigen hundert Höhenmetern bergab festigen sich die Eindrücke. Im direkten Vergleich können alle drei Tester einen feinen, aber dennoch unverwechselbaren Unterschied zwischen den Gabeln herausfahren. Nummer zwei spricht sehr gut an, arbeitet mit etwas mehr Federbewegung und schluckt dadurch auch große Einzelhindernisse sehr effektiv und komfortabel. Im steilen Gelände und an Stufen taucht sie aber etwas mehr ein, als Nummer eins bei gleichem Luftdruck von 60 PSI. Nummer eins besitzt eine ähnliche Sensibilität auf Feinheiten, arbeitet aber mit mehr Gegendruck, wodurch der Fahrer mehr Rückmeldung vom Untergrund bekommt, jedoch etwas an Komfort einbüßt. Die Gabel steht auch in steilen Passagen höher im Federweg und fühlt sich in schnellen Passagen etwas "satter" an.
Die Auflösung: Lyrik (Nr. 1).
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