Harald war Entwickler bei BMW, als er 2010 zum ersten Mal nach Mallorca kam. Auf Drängen eines Kumpels, so erzählt er. Denn ihn selbst habe das Ballermann-Image der Insel stets abgeschreckt. Er habe dann schnell gemerkt, dass die Insel weit mehr zu bieten hat, als nur Suff und Karaoke. Als er von einem Bekannten das Angebot bekam, dessen Bikestation zu übernehmen, schmiss er den Job bei BMW. "Ich hatte keine Lust mehr auf diesen täglichen Konkurrenzkampf unter den Kollegen. Ich dachte: Komm, das kann doch noch nicht alles gewesen sein." Harald ist Radsportler durch und durch. Die Waden sind von zehntausenden Kilometern gemeißelt. Ständig ist er auf der Suche nach der perfekten Straße, der perfekten Kurvenkombination, dem perfekten Weg. Vor zwei Jahren stand er mit dem Auto an der Tankstelle oberhalb von Paguera. Da schweifte sein Blick über den Sa Bruta. Ein massiver Flächenbrand hatte in den Wochen zuvor den kompletten Bewuchs des Hausbergs dahingerafft. Harald hatte gewusst, dass der Berg bei Bikern beliebt war. Doch das Wegenetz, dass er zwischen den verkohlten Baumstümpfen herausblitzen sah, überraschte ihn dennoch. Es sah aus wie ein fertiger Trailpark. Als er wenig später mit dem Bike durch den verschmorten Restwald kurbelte, wurde ihm klar: Es war einer. Ein Hang zum Rasen. Einhundert Prozent barrierefrei!

Peter Neusser Mallorcas Bürgermeisterin Christina de León schnippelt das symbolische Band durch.
Es ist kurz nach 10 Uhr, der Regen trommelt noch immer voller Elan auf Paguera. Die Bürgermeisterin joggt mit ihrem Regenschirm unter den Zeltpavillon, der extra neben der Straße aufgebaut ist, damit sich die Rathaus-Delegation nicht die guten Schuhe vollmatscht. Der Pavillon mit dem Häppchentisch für die Biker befindet sich weiter oben. Da, wo die Trails losgehen. Die drohen vom Dauerregen in Richtung Tal gespült zu werden. Sa Bruta ist Katalonisch und bedeutet "Der Dreckige".
"Passt ja", grinst Harald.
Toni Fernandez ist trotz des Horrorwetters bester Laune. Feierlich guckt er unter seiner molligen, fellgefütterten Polarmütze hervor, deren Ohrenklappen bis auf die Schultern hängen. Toni gehört zum harten Kern der lokalen Bike-Szene. Vor ein paar Jahren war er mallorquinischer Downhill-Meister.

Peter Neusser Der erste Trailpark für Mountainbiker auf Mallorca – Vergnügen pur bei Sonnenschein.
"Mallorca ist eigentlich perfekt zum Biken, trotzdem ist es schwierig, zu trainieren. Entweder fährt man illegal. Oder man baut eigene Trails auf dem Privatland eines Kumpels", sagt Toni und stellt sich mit seiner Clique brav neben dem Pavillon auf. Die Bürgermeisterin schnappt sich die goldene Schere. Sekunden später zucken die Enden das gekappten Eröffnungsbandes müde im Küstenwind. Ein Moment, so spektakulär wie die Einweihung einer Trafo-Station. Und dennoch ein vor Bedeutung triefender, ja fast schon historischer Augenblick. Es ist der erste Mountainbikepark im Radsport-Paradies Mallorca.
Es ist später Vormittag, die Schaumweinflaschen stehen ausgeleert unter dem Pavillon. Die Rathaus-Delegation ist zum nächsten Termin weitergezogen. Harald knetet mit seinem Race-Hardtail schwer atmend an Tonis Downhill-Clique vorbei, die ihre üppig gefederten Bikes in Richtung Trail-Einstieg schieben.
"Ha, die Pfeifen mit ihren Fullys! Als Hartschwanz-Fahrer drückt man da hoch", lacht Harald übermütig. Der Regen hat aufgehört. Doch das scheint er vor lauter Wonne gar nicht zu bemerken.
Infos zum Mountainbike Trailpark auf Mallorca

Peter Neusser Das Prinzip Skipiste: Die Trails sind farblich nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt. Wer Schwarz fährt, erlebt sein blaues Wunder.
• Der Park Der 290 Meter hohe Sa Bruta ist der Hausberg von Paguera, er gehört zum südlichen Ausläufer des mächtigen Tramuntana-Gebirges. Das Wegenetz auf dem Berg existiert schon länger. Für den Park wurde es teilweise modifiziert. Die Beschilderung übernahm die Gemeinde. Der Park ist öffentlich. Es gibt neun Strecken, alle mit eher freundlichem Charakter. Drop-Batterien, Doubles, Roadgaps? Gibt es nicht. Der Startpunkt liegt 200 Meter hoch über Paguera. Hinkurbeln muss jeder selbst.
• Paguera Der Ort an der Südküste ist bei Touristen beliebt und wird von entsprechender Zweckbebauung dominiert. Entfernung zum Flughafen: 20 Autominuten.

Peter Neusser BIKE-Reporter Henri Lesewitz: Er hat mit dem Bike die Welt bereist, doch "Malle" zählt für Lesewitz zu den schönsten Flecken überhaupt. Die Einweihungsparty für den Trailpark war da natürlich Pflicht. Am Tag darauf gab sich Lesewitz dann einer neunstündigen Serpentinen-Orgie hin. Pssst: mit dem Rennrad!
• Miet-Bikes Die Station Rad International im Clubhotel Valentin Park hält ein großes Angebot an hochwertigen Bikes bereit. Kosten für ein All-Mountain-Fully: 27 Euro am Tag, beziehungsweise 139 Euro pro Woche.
Internet Infos zu Miet-Bikes, geführten Touren und zum Trailpark:
www.rad-international.com
Diesen Artikel bzw. die gesamte Ausgabe BIKE 4/2015 können Sie in der BIKE-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Ausgabe im DK-Shop nachbestellen:
Lesen im Apple App Store
Lesen im Google Play Store
Bestellen im DK-Shop
-
1
-
2
Der erste MTB Trailpark auf Mallorca