ThermographieWinterschuhe im Test

Matthias Dreuw

 · 10.02.2010

Thermographie: Winterschuhe im TestFoto: BIKE Magazin
Thermographie: Winterschuhe im Test

Winterschuhe im Test in der Kältekammer: Auf der Suche nach den richtigen Thermographie-Bildern? Hier werden Sie fündig!

Das Wärmebild zeigt's: Wer kriegt kalte Füße? Folgende Winterschuhe für Biker haben wir getestet:

  • Heat 3D Sohle
  • BBB BWS 04
  • Gaerne Eskimo MTB
  • Lake MXZ 302
  • Northwave Celsius
  • Pearl Izumi Barrier
  • Shimano SH-WM 80
  • Sidi Diabolo GTX
  • Specialized Defroster

Es geht nichts über echtes Leder!", murmelte mein Vater leise, zog an seiner Pfeife und versenkte seine Winterschuhe mit einer fast andächtigen Bewegung in einem dampfenden Topf mit heißem Motoröl. Jedes Jahr im Winter die gleiche Prozedur, jedes Jahr seine Imprägnierung der besonderen Art. Mein Vater schwor darauf, dass nichts das gute Leder der Schuhe besser imprägniert als heißes Motoröl. Das war Anfang der Achtzigerjahre und ist heute vollkommen out. Lederschuhe werden heute mit speziellen Lederfetten behandelt. Oder die Hersteller vernähen gleich hochfunktionelle Außenhäute aus Gore-Tex, Nylon, Polyurethan oder anderen synthetischen Materialien. Das Ziel aber ist das gleiche geblieben: Winterschuhe sollen wasserdicht, warm, komfortabel und geschmeidig sein. Und bis heute muss man dabei auf echtes Leder nicht verzichten. "Gerade bei Winterschuhen ist Leder für die Temperaturregulierung extrem wichtig", sagt Peter Thaler, Herr über die Marke Lake. "Membrane machen den Schuh zwar wasserdicht. Dafür sind sie weniger atmungsaktiv – die feuchten Füße kühlen schneller aus. Lederschuhe atmen dagegen viel besser." Ob das stimmt, versuchen wir in diesem Test mit sieben Winterschuhmodellen herauszufinden.

Zusätzlich testen wir alternative Möglichkeiten, die gebeutelten Füße im Winter warm zu halten. Zum Einen: Überschuhe. Die sind meistens aus Neopren gefertigt, haben im Idealfall eine robuste Beschichtung und sind in der Anschaffung sehr günstig. Zum Anderen: Heizsohlen. Die Hightech-Einlegesohlen sind inzwischen so klein und flach, dass sie in fast jeden Schuh passen. Mit Lithium-Polymer-Akkus bestückt liefern sie bis zu acht Stunden Wärme.

  Das Innenleben einer Heizsohle: Im Fersenbereich (rechts) befindet sich der Lithium-Akku. Er speist die Heizspirale im Zehenbereich (weiße Einlage links). Als hitzeunempfindliches aber angenehm zu tragendes Material dient Kork. Tipp: Heizsohlen sollten immer mindestens halb geladen und frisch gereinigt in die Sommerpause gehen. Sonst kann schnell der Akku aufquellenFoto: BIKE Magazin
Das Innenleben einer Heizsohle: Im Fersenbereich (rechts) befindet sich der Lithium-Akku. Er speist die Heizspirale im Zehenbereich (weiße Einlage links). Als hitzeunempfindliches aber angenehm zu tragendes Material dient Kork. Tipp: Heizsohlen sollten immer mindestens halb geladen und frisch gereinigt in die Sommerpause gehen. Sonst kann schnell der Akku aufquellen

Was macht wirklich warm?

Im Test setzen wir auf das Knowhow des TÜVs Süd Product Service. Dort ermitteln wir mit Hilfe einer Thermographiekamera die Wärmeverluste der einzelnen Systeme und Modelle. Der Clou: Mit einer Wärmebildkamera lassen sich Wärmelecks im Bild darstellen und analysieren. Dafür wird der Schuh zunächst auf Fußtemperatur gebracht. Die Thermographie zeigt anschließend den Wärmeverlust in unterschiedlichen Farben. Grüne und gelbe Bereiche stehen für geringe Wärmeverluste, rote oder weiße Stellen zeugen von einer hohen Wärmeabgabe. Überschuhe zum Beispiel verlieren vor allem dort Wärme, wo das Neopren direkten Hautkontakt hat. Das ist vor allem vom Knöchel an aufwärts zu sehen. An der Unterseite der Neoprenhüllen geht über die Cleats viel Wärme verloren.

An der gleichen Stelle kühlen auch die meisten Winterschuhen aus. Der Grund ist einfach: Die Metall-Cleats sind gute Wärmeleiter. Da die Cleats direkt mit dem Inneren des Schuhes verbunden sind, entsteht eine Kältebrücke; so zum Beispiel bei Sidi, Shimano, Northwave und Specialized. Ob die Kälte am Fuß tatsächlich ankommt, hängt auch vom Aufbau des Schuhs ab. Isolierende Innensohlen wie bei Lake und Pearl Izumi oder schlecht leitendes Material im Zehenbereich wie bei Specialized verhindern die Auskühlung trotz Kältebrücke.

Eine andere Schwachstelle der Winterschuhe ist schlecht isolierendes Material rund um den Schaft. Wenn hier zu dünnes Material verwendet wird (Shimano, Pearl Izumi, Sidi) oder der Schuh nicht dicht abschließt (Gaerne), geht Wärme verloren. Besonders auffällig verhält sich Neopren. Zwar garantiert es durch seine Elastizität eine hohe Bewegungsfreiheit (Shimano, Specialized). Allerdings ist Neopren wesentlich dünner als der Rest des Schuhs. Auch hier geht Wärme verloren.

Auch die Konstruktion des Schuhs spielt eine große Rolle. Wichtig ist, dass der kalte Wind abgeblockt wird. Eine überlappende Konstruktion des Oberschuhs hilft, denn jede Ritze, durch die Wärme entweichen kann, sollte vermieden werden. Diese Aufgabe erfüllen besonders Northwave und Lake gut. Modelle mit Reißverschluss haben dagegen Nachteile, da es durch die ungedichteten Reißverschlüsse zieht. Herkömmliche Klettverschlüsse haben es deutlich schwerer (Sidi, Shimano).

Schuh nass ? Feierabend!

Viel gefährlicher als ein Windloch ist aber Nässe. Genau wie Metall, sind nasse Stoffe ideale Wärmeleiter. Wird ein Winterschuh nass, dann verliert er in kürzester Zeit jeglichen Wärmeschutz. Deshalb haben wir alle Systeme einem Beregnungstest unterzogen. Ein speziell angefertigter Prüfstand simuliert dabei zweieinhalb Stunden Dauerregen, Schlamm, Pfützen und Schnee. Der Schaft der Schuhe ist so abgedichtet, das kein Wasser von oben in den Schuh rinnen kann. Mit dieser Simulation testen wir außerdem die verwendeten wasserdichten Membranen. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur wenige Schuhe halten eine Fahrt durch Dauerregen länger als zwei Stunden durch (Lake, Specialized, Northwave). Alle anderen haben große Probleme, die Nässe draußen zu halten. Dies liegt aber in allen Fällen nicht an der verwendeten Membran, sondern an Mängeln in der Konstruktion. Wasser oder kriechende Nässe haben leichtes Spiel, wenn zum Beispiel die Gore-Tex-Membran knapp über dem Spann aufhört (Shimano) oder
das Wasser durch ungedichtete Reißverschlüsse eindringen kann (Gaerne). Saugt sich ein stark isolierter, weicher Schuh zusätzlich mit Wasser voll, ist jeglicher Komfort dahin (Pearl Izumi). Optimalen Nässeschutz bietet dagegen immer noch der Überschuh aus Neopren. Er hält alle Feuchtigkeit vom Fuß fern. Voraussetzung ist aber auch hier ein wasserdicht gearbeiteter Reißverschluss an der Ferse. Im Praxistest kann das Naturleder seine Stärken voll ausspielen: Bei Touren über zwei Stunden und Temperaturen um den Gefrierpunkt werden alle Schuhe mit wasserdichter Membran und besonders der Überschuh aus Neopren innen feucht. Die wärmende Funktion des Materials nimmt rapide ab, bis man am Fuß friert. Einzig der aus Leder gefertigte MXZ 302 von Lake kann dem widerstehen und hält auch noch nach Stunden warm.

Praxistest

Das BIKE-Testteam war mit den Schuhen auf einer definierten Testrunde bei etwa null Grad Celsius und Regen unterwegs. Die hier gewonnenen Erkenntnisse über Passform, Komfort, Kraftübertragung, Wärmeempfinden und Handhabung entscheiden maßgeblich über das BIKE-Urteil.

Beregnungstest

Beim Beregnungstest simuliert ein eigens entwickelter Prüfstand eine zweieinhalbstündige Tour bei Dauerregen. Da fast alle Winterschuhe eine wasserdichte Membran haben, prüfen wir unter gleichmäßigen Bedingungen den Nässeschutz der Schuhe. Neben der sauber verarbeiteten Membran kommt es vor allem auf eine geschickte Konstruktion des Oberschuhs an, damit kein Wasser eindringen kann.

  Die Winterschuhe im Beregnungstest: Er simuliert eine 2,5-stündige Tour bei Dauerregen.Foto: BIKE Magazin
Die Winterschuhe im Beregnungstest: Er simuliert eine 2,5-stündige Tour bei Dauerregen.

Thermographie

In Zusammenarbeit mit der TÜV Süd Product Service GmbH haben wir bei allen Winterschuhen, der Heizsohle sowie dem Überschuh eine Thermographie durchgeführt. Mit Hilfe dieser Flächentemperaturmessung lassen sich Wärmelecks schnell und präzise ermitteln. Aus den Aufnahmen von Sohle, und Oberschuh sowie dem Praxistest
ermitteln wir anschließend die Note für die Wärmebindung.

Klicken Sie zur Vergößerung einfach das entsprechende Bild an. Die Bilder sind alphabetisch nach der Reihenfolge im Test sortiert. Um welches Modell es sich genau handelt, steht in der Bildunterschirft im vergrößerten Bild.

BBB Überschuhe - Oberseite
Foto: BIKE Magazin
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