Stefan Frey
· 29.06.2020
Sneaker, Stiefel, Sandaletten: in Italien hat das Schusterhandwerk Tradition. Mit dem edlen und steifen Drako hat Sidi für MTB-Racer das passende Schuhwerk im Programm – „made in Italy“ versteht sich.
Seit einem halben Jahrhundert fertigt Sidi mittlerweile Fahrradschuhe. Dabei werden die Italiener vor allem von Cross-Country- und Marathon-Fahrern für ihre direkte Kraftübertragung und die schlanke, racige Passform geschätzt. Wir sind mit den MTB Drako 2 SRS das zweitteuerste Modell der Sidi-Schuhpalette gefahren.
Italienische Schuhe genießen seit jeher einen ausgezeichneten Ruf. Teuer, edel, handgefertigt – das fällt einem spontan ein, wenn man an die feinen Treter aus dem Land mit der Stiefelform denkt. Und das ist auch nicht anders, wenn man den Sidi Drako 2 SRS zum ersten Mal aus dem Karton zieht. Sein nahezu nahtloses Obermaterial ist überaus sauber verarbeitet, wirkt aber gleichzeitig robust und haltbar. An der Sohle glänzt Carbon in Sichtoptik. Die brettharte Vollcarbon-Sohle und übersichtlich platzierte Profilblöcke machen direkt klar, wohin die Reise geht: Ab auf die Rennstrecke.
Die beiden Tecno-3-Push-Verschlüsse öffnen den Drako gerade eben soweit, dass man sich so einigermaßen in den Schuh schälen kann. Die Passform fällt dabei, typisch Sidi, sportlich schmal aus. Mit lautem, mechanischem Klacken und einer sehr feinen Rasterung passen die beiden hochwertigen Verschlüsse den Drako exakt an den Fuß an. Dabei umschließt das robuste Mikrofaser-Außenmaterial den Fuß bereits ziemlich fest, ohne dass man die Verschlüsse sonderlich anknallen müsste. Der mittig platzierte, untere Verschluss sitzt auf einer Kunststoffplatte, was Druck auf den Spann recht gut verhindert. Die Ferse wird zwar auch so schon gut vom Schuh umschlossen, doch die verstellbare Fersenkappe gibt nochmal etwas mehr Halt. So rutscht der Fuß trotz der extrem steifen Sohle auch beim Gehen nicht aus dem Schuh.
Eine Rasterung hilft bei der Montage der Cleats. Der Verstellbereich könnte aber durchaus etwas weiter sein. So ist der Längsversatz etwas eingeschränkt.
Auf dem Weg zum Bike wird schnell klar, dass der Drako kein Läufer ist. Auf dem schmalen Profil stöckelt man unsicher wie auf High Heels daher. Doch sobald man in die Pedale einklickt, sind die Sidis in ihrem Element. Das robuste Obermaterial und die Carbon-Sohle bringen die Kraft sehr direkt aufs Pedal. Gefühlt geht hier kein Watt verloren. Das straffe Mikrofaser wird aber erst nach ein paar Ausfahrten wirklich bequem. Zunge und Schnalle sind so geformt, dass keine Druckstellen am Fuß entstehen. Die Schnalle lässt sich zudem über ein Ratschensystem an der Innenseite in der Länge verstellen und so stets mittig über dem Fuß platzieren. Hat man die passende Position gefunden, sollte man den seitlich Überstand abschneiden, da dieser ansonsten an der Kurbel schleifen kann.
Mit dem Drako am Fuß sollte man nach Möglichkeit auf dem Pedal bleiben. Schon kleine Schiebe- oder Tragepassagen werden zur Rutschpartie. Das schmale, harte Kunststoffprofil gibt im Gelände kaum Halt. Da werden die Bänder am Sprunggelenk schon mal auf eine Zerreißprobe gestellt. Ausgeklickt fahren ist ebenfalls keine gute Idee, weil die knallharte Carbonsohle ohne jegliche Gummierung arg auf den Pedalen rutscht. Auch das Wieder-Einklicken im Gelände will geübt sein. Doch so lange man mit dem Bike fest verbunden ist, überzeugt der Drako absolut.
Wer Wert auf Nachhaltigkeit legt, ist bei Sidi ebenfalls gut aufgehoben. Die geschraubte Sohle lässt sich komplett ersetzen und auch alle übrigen Teile wie Verschlüsse, Stollen, Einlegesohlen oder die Montageplatten für die Cleats sind als Ersatzteile erhältlich. So relativiert sich auch der enorme Preis von 360 Euro wieder etwas. So lange der Oberschuh intakt ist, lässt sich der Drako jederzeit wieder instand setzen.
Für Racer mit schmalem Fuß ist der Drako eine sehr gut Wahl. Wer auf eher einfachen Kursen unterwegs ist oder die entsprechende Fahrtechnik an den Start bringt, bekommt einen robusten und extrem steifen Rennschuh, der richtig Power auf die Pedale bringt und sich zudem perfekt an den Fuß anpassen lässt. Abseits der Pedale sind die Sidis allerdings so verloren wie Stöckelschuhe am Adria-Strand.