Am GletscherMTB-Winterschuhe im Test

Stefan Frey

 · 22.11.2015

Am Gletscher: MTB-Winterschuhe im TestFoto: Daniel Simon
Am Gletscher: MTB-Winterschuhe im Test

Wer keine frostigen Zehen riskieren will, sollte in Winterschuhe investieren. Doch nicht alle halten so warm, wie es die Werbung verspricht. BIKE testete 9 Schuhe für den Winter von 150 bis 270 Euro.

Der große Zeh ist steif gefroren wie eine Krokette in der Tiefkühltruhe. Seit er in der matschigen Pfütze hinter der ersten Kurve beinahe ersäuft wurde, geht es kontinuierlich bergab mit ihm. Minus vier Grad und eisiger Fahrtwind nagen unerbittlich an seinem Durchhaltevermögen. Die dünnen Rennschlappen mit den größzügigen Lüftungsöffnungen sind ihm da keine allzu große Hilfe. Winterschuhe müssten jetzt her. Die sollen vor allem die Nässe draußen halten und den Zehen ordentlich einheizen. Wir haben neun Modelle von Exustar bis Vaude für Sie getestet. Die Preise variieren zwischen günstigen 150 (Vaude Termatic RC) und sportlichen 270 Euro (Lake MXZ 302). Bei der Konstruktion ihrer Winterschuhe gehen die Hersteller hauptsächlich zwei Wege: Mavic, Shimano, Specialized und Vaude erweitern einen klassischen Halbschuh nach oben mit einem Ring aus teils verstärktem Neopren. Die Vorteile liegen vor allem in der Passform. Das Neopren schmiegt sich an den Fuß und stört kaum bei der Tretbewegung. Die übrigen Hersteller verlängern den Schaft hauptsächlich mit dem Material des Oberschuhs. Dadurch verliert der Schuh etwas an Flexibilität.

Als Innenfutter verwenden alle Hersteller Kunstfasern. Schon beim Fühlen erkennt man deutliche Unterschiede. Das flauschige Futter des Northwave spiegelt sich im guten Ergebnis beim Isolationstest wider. Das Futter des Sidi fällt spürbar dünner aus. Allerdings lässt sich über die Wahl des richtigen Sockens noch einiges an Wärme herausholen.

Überlappende Abdeckung hält Wasser, Schmutz & Fahrtwind ab

Dauerhaft warme Zehen garantiert jedoch nur ein absolut wasser- und zugluftdichter Schuh. Sidi und Specialized beweisen: Eine wasserdichte Membran allein hält die Nässe nicht draußen. Das Wasser sucht sich seinen Weg durch kleinste Ritzen im Material. Das effektivste Mittel dagegen: eine überlappende Klettabdeckung über dem Zungenbereich. Gaerne und Northwave zeigen, wie es geht. Die zweigeteilte Abdeckung schließt auch noch die kleinste Lücke ins Innere der Schuhe. Wasser, Schmutz und Fahrtwind sind chancenlos. Ähnlich gut funktionieren die einteiligen Abdeckungen von Exustar, und Vaude. Der Drift von Mavic hält trotz offenem Zungenbereich dicht. Das liegt vor allem an der durchdachten und im Vergleich zum Vorjahr verbesserten Konstruktion. Der wuchtige Lake wirkt eigentlich bombensicher. An der oberen Abdeckung tritt jedoch an einer Nahtstelle Wasser in den Schuh ein.

  Lake vs. Specialized: Der Größenvergleich zeigt die Extreme. Der hohe Schaft des Lake stört beim Treten. Der niedrige Specialized reicht kaum bis unter die Winterhose. Wasser kann eintreten.Foto: Philipp Schieder
Lake vs. Specialized: Der Größenvergleich zeigt die Extreme. Der hohe Schaft des Lake stört beim Treten. Der niedrige Specialized reicht kaum bis unter die Winterhose. Wasser kann eintreten.

Die Dichtigkeit der Testmodelle haben wir mit einem gerichteten Wasserstrahl von schräg-vorne auf den Schuh geprüft. In definierten Zeitabständen wurde überprüft, ob Wasser in den Schuh eintritt. Als Indikator diente ein Papiertuch zwischen Schuh und Prüf-Fuß. Da vor allem eindringende Nässe winterlichen Ausfahrten ein schnelles Ende bereitet, haben wir die Dichtigkeit gegenüber den Kriterien Ausstattung, Passform und Isolation entsprechend stärker bewertet.

Wie schlagen sich die Winterschuhe in der Kältekammer?

Für die Isolationswirkung wurde ein Tiefkühlfach mit konstanten minus 15 Grad zur Kältekammer umfunktioniert. Die Schuhe wurden mit 37 Grad warmen Wasser befüllt. Gemessen wurde der Temperaturverlust des Wassers über einen festgelegten Zeitraum. Das beste Ergebnis erzielte auch hier der dick gefütterte Northwave. Die geringste Isolationswirkung stellten wir bei Sidi fest. Insgesamt eignen sich die meisten Modelle im Test gut für den Einsatz bei nassen und kalten Bedingungen. Abstriche müssen Sie vor allem bei den Modellen von Sidi und Specialized machen. Empfehlenswert sind beide nur für trockene Tage. Mehr als Spritzwasserschutz bieten sie nicht. Die beste Passform finden Sie bei Mavic, Shimano und Specialized. Auch der Celsius Artic GTX von Northwave sitzt sehr komfortabel. Er bietet teilweise etwas wenig Halt. Für schmalere Füße empfehlen sich die Modelle von Exustar, Gaerne, Lake und Sidi. Die Zuordnung des Vaude fällt schwer. Technisch gibt es am günstigsten Testmodell kaum etwas zu mäkeln. Die Passform jedoch fällt undefiniert aus. Die Zehenbox bietet viel Platz, der Spann dafür fällt sehr flach aus. Der wulstige, unbewegliche Schaft kann für Druckstellen sorgen.

Diese Mountainbike-Winterschuhe finden Sie im Test:

  • Exustar E-SM343
  • Gaerne G.Artix
  • Lake MXZ 302
  • Mavic Drift
  • Northwave Celsius Artic GTX
  • Shimano SH-MW81
  • Sidi Diablo Gore Tex
  • Specialized Defroster MTB
  • Vaude Termatic RC

Der optimale Winterschuh für Biker

  Sohle, Verschluss, Abdeckung & Co.: Auf diese sechs Dinge kommt es bei Winterschuhen für Mountainbiker an.Foto: Georg Grieshaber
Sohle, Verschluss, Abdeckung & Co.: Auf diese sechs Dinge kommt es bei Winterschuhen für Mountainbiker an.


1. Profilsohle
Wer bei Eis und Schnee radelt, muss zwangsweise auch mal runter vom Bike. Damit Schiebe-Passagen nicht zur Rutschpartie geraten, sollte die Sohle viel Grip und eine breite Standfläche bieten.


2. Verstärkung
Wer weiß schon, welche Hindernisse sich unter der Schneedecke verbergen? Verstärkungen an den Zehen und den Seiten des Schuhs schützen Sie vor Kontaktschäden mit Ästen und Steinen.


3. Verschluss
Besonders leicht und komfortabel schließen Schnellschnürsysteme. Das Boa-System bei Lake und Specialized lässt sich auch während der Fahrt mit einer Hand noch anpassen.


4. Zungenabdeckung
Eine wasserdichte Membran verarbeiten alle Hersteller im Test. Richtig dicht wird der Schuh aber erst, wenn eine gute Abdeckung verhindert, dass Wasser durch die Zunge in den Schuh dringt.


5. Schaft
Läuft’s von oben in den Schuh, wurde der Schaft zu niedrig konstruiert. Der sollte eng am Fuß anliegen, keine kratzigen Nähte haben und zumindest ansatzweise unter die Regen- oder Winterhose reichen.


6. Innenfutter
Primaloft, Thinsulate oder simples Kunstfaserfutter: Ohne Isolationsschicht im Innenschuh sind Frostbeulen vorprogrammiert.


Alle Test-Ergebnisse zu den Mountainbike-Winterschuhen lesen Sie unten im PDF-Download. Außerdem finden Sie darin Ernährungstipps für die kalte Jahreszeit, die richtige Winterbekleidung und Infos über Winterreifen mit Spikes.

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