Stefan Frey
· 11.02.2011
Flugbegleiter: einmal Malle und zurück. Wir zeigen Ihnen, in welcher Verpackung ihr Fahrrad sicher ins Trainingslager und wieder zurückkommt. Bike-Taschen und Koffer im Test.
Am Flughafen München ist die Hölle los. 274 Check-in-Schalter und jährlich bis zu 40 Millionen Passagiere. Pro Stunde können 30000 Gepäckstücke transportiert und per Hand verladen werden. Da wird nicht jeder Koffer mit Samthandschuhen angefasst. Wollen Sie Ihr Bike bei der Gepäckausgabe trotzdem wieder heil in die Arme schließen? Dann packen Sie es lieber richtig ein. Am besten nicht in der Minimalvariante, die von den meisten Fluggesellschaften vorgeschrieben wird – Karton, Lenker um 90 Grad gedreht und Pedale demontiert. Es gibt wesentlich bessere Methoden. BIKE hat sechs Systeme zwischen 84 und 555 Euro miteinander verglichen. Im Test dabei sind vier Softcases von Evoc, Rose, Scicon und Scott und zwei Hartschalenkoffer von Elite und Universal Cases.
Erster Schritt: einpacken. Jeder Testkandidat muss ein Fully in Rahmengröße 20 Zoll fassen. Das Bike zu verpacken gelingt bei den Softcases ohne große Probleme: Reißverschluss auf, Bike in der Tasche platzieren und Laufräder, Pedale und Schnellspanner in den vorgesehenen Taschen verstauen. Perfekt, wenn sich der Reißverschluss wie bei Rose komplett öffnen lässt. Bei Scott muss man zuerst das Dämmmaterial an den Seitenwänden anbringen. Das kann zum Geduldsspiel werden. Danach ruht das Bike jedoch gut geschützt in der Tasche. Der Koffer von Elite lässt sich um 180 Grad aufklappen und dadurch ebenfalls leicht bepacken. Das Rad wir im Koffer platziert und mit Spanngurten fixiert. Eine dicke Schicht Schaumstoff trennt den Rahmen von den Laufrädern. Beim First Class von Universal Cases wird das Bike per Schnellspanner auf eine in der Länge anpassbare Halterung geschnallt. Das Rad sitzt bombenfest. Allerdings bekommt man die Schnellspanner nur in die Halterung, wenn man sie abschraubt und aus der Kiste hebt. Das ist etwas umständlich.
Eine wirklich gute Lösung bietet Evoc. Die Tasche steht von selbst und lässt sich seitlich komplett öffnen. Das Rad wird in der Tasche platziert und mit Kletts fixiert. Der Hinterbau liegt auf einem Styropor-Block, Tretlager und Schaltwerk sind geschützt. Die Federgabel findet in einer extra gepolsterten Halterung Platz. Die Laufräder lassen sich außen separat verstauen. Für Pedale, Schnellspanner und Zubehör gibt es genügend Platz in zusätzlichen Taschen.
Am Flughafen zeigt sich, wer beim Handling die Nase vorne hat. Die Soft-Taschen trägt man wie eine Sporttasche am Schultergurt. Wegen des geringen Eigengewichts geht das in Ordnung. Es gibt jedoch Unterschiede: Der Schultergurt von Rose lässt sich verstellen und gut an die Körpergröße anpassen. Bei Scott und Scicon geht das ebenfalls. Allerdings rutschen beide Gurte leichter von der Schulter. Evoc und Elite haben je zwei starre Rollen. Leider ist die Achse des Elite Vaison etwas schmal – der Koffer neigt zum Kippeln. Der Griff ist so ungünstig angebracht, dass sich der Koffer nur mit links ziehen lässt. Und recht schwer ist der Koffer auch: Ganze 32 Kilo (20 Kilo Koffer plus zwölf Kilo Bike) müssen vom Gepäckband gehievt werden. Besser macht’s Evoc. Große Rollen, breite Achse und der Schwerpunkt fast über den Rollen,- machen das Handling zum Kinderspiel. Außerdem sind genügend Griffe und Laschen vorhanden, um die Tasche in jeder Lage anheben zu können. Der Koffer von Universal Cases kommt auf vier drehbaren Rollen daher. Eigentlich optimal, doch in Kurven schert das Case gerne großräumig aus. Zudem liegt der Griff so weit unten, dass Menschen ab 1,70 Meter Größe das First Class Case in gebückter Haltung hinter sich herziehen müssen.
Jetzt geht’s ans Eingemachte. Nach dem Check-in rollen die Taschen und Koffer in die Gepäckabfertigung. Ein Bike, in einem Softcase verpackt, lässt sich zwar in den meisten Fällen sehr komfortabel transportieren. Die Taschen schützen allerdings nicht ganz so gut wie ein Hartschalenkoffer. Wir empfehlen zusätzlichen Schutz: Polstern Sie alle Rohre mit Schaumstoff, Schaltwerk abmontieren, das Tretlager vor Stößen schützen und Abstandhalter in Gabel und Ausfallenden einsetzen. Gegen Druck von oben kann ein Softcase trotzdem nur wenig ausrichten. Einzig die Tasche von Scott hat genügend Polstermaterial, um den Inhalt vor Stürzen und Druckbelastungen zu schützen. Einen besseren Schutz bieten die Hartschalenkoffer. Im Elite Vaison ruht das Fahrrad zwischen zwei dicken Schichten Schaumstoff, gesichert von vier Spanngurten. Auf die dicke, elastische Kunststoffhülle können Sie sich sogar draufstellen, ohne das Bike zu ramponieren. Die Box von Universal Cases bietet ebenfalls besten Schutz. Eingespannt in die Halterung am Boden, steht das Bike in der Box, ohne die stabilen Außenwände zu berühren. Die Laufräder werden links und rechts am Rahmen festgezurrt. Den besten Kompromiss aus leichter Schale und bestmöglichem Schutz bietet die Tasche von Evoc. GFK-Verstärkungen an den Stirnseiten sorgen für Stabilität. Zusätzliche Verstrebungen an der Seite verhindern ein Durchdrücken der Laufrad-Achsen. Auch die Bremsscheiben können so nicht verbogen werden. Im Inneren wird die Gabel durch ein Padding und zwei extra Schnallen gesichert. Das Schaltwerk liegt geschützt hinter dem schlagsicheren Fahrwerk.
Wer nur selten in Urlaub fliegt, der reist mit dem Rose Containerbag Pro komfortabel und vor allem günstig. Mehr Schutz bietet die Tasche von Scott. Dafür bezahlt man jedoch einen hohen Preis. Die sehr teuren Lösungen von Elite und Universal Cases bieten sich vor allem für Vielflieger an. Für Räder mit Carbon-Rahmen sind die Hartschalenkoffer auf jeden Fall die zu empfehlende Variante. Richtig überzeugt hat uns das Bike Travelbag von Evoc. Kein anderes Modell bietet so durchdachte Detaillösungen. Die Schutzwirkung ist in Ordnung und das Handling hervorragend. Tipp: Vor dem Kauf eines Radkoffers sollten Sie checken, ob Sie das Ding auch in Ihren Kofferraum bekommen.
Die Testergebnisse zu den Bike-Koffern und Taschen finden Sie unten im PDF als Download.
1 Markieren Sie die Auszugshöhe der Sattelstütze mit Tape. Ziehen Sie die Stütze heraus und schützen Sie diese mit Heizungsrohrisolierung.
2 Schalten Sie auf größtes Kettenblatt und kleinstes Ritzel. Pedale abschrauben, Laufräder ausbauen und Pedale zusammen mit den Schnellspannern in einen kleinen Karton packen.
3 Drehen Sie die Kurbel parallel zur Kettenstrebe und fixieren Sie diese mit Kabelbinder an der mit Rohrisolierung geschützten Kettenstrebe. 4 Demontieren Sie das Schaltwerk und wickeln Sie es in Luftpolsterfolie. Binden Sie das geschützte Schaltwerk mit Kabelbinder an die Kettenstrebe.
5 Lösen Sie den Lenker (evtl. samt Vorbau) und legen Sie ihn in den Koffer. Luftpolsterfolie zwischen Rahmen und Lenker schützt vor Kratzern.
6 Empfindliche Carbon-Rahmen sollten Sie mit Isoliermaterial und Luftpolsterfolie vor Kratzern und Dellen schützen.
7 Verpacken Sie die Laufräder. Laufradtaschen (z. B. B&W Wheel Guard für ca. 24 Euro, www.b-w-international.com) sind eine sinnvolle Investition, auch zum Transport von verschmutzten Rädern im Auto.
8 Legen Sie die verpackten Laufräder in den Koffer, der Zahnkranz zeigt nach innen in den Bereich des Rahmendreiecks. Schlingen Sie zuletzt noch einen Spanngurt um den geschlossenen Koffer. Sicher ist sicher.