Stefan Frey
· 11.01.2012
Warme Gedanken alleine helfen im Winter nicht. Welche Jacken und Hosen sie auch von außen warm halten, zeigt unser Test. Wir waren mit zwölf Softshell-Kombis für Biker in der Kältekammer.
Ohrenbetäubender Technobeat püriert das Gehirn. Am Fenster hängen zentimeterdicke Eiszapfen, doch von den Köpfen im Innern stürzt der Schweiß in Strömen. Wie besessen treten sie in die Pedale und kommen doch keinen Meter voran. Anstatt draußen die kristallklare Luft zu genießen, presst sich der Duft von zwölf triefenden Spinning-Bikern bis in das letzte Bläschen ihrer Lunge. Ich will hier raus! Schreit der Körper in tiefer Verzweiflung.
Haben Sie auch genug von muffiger FitnessStudio-Atmosphäre? Dann genießen Sie den Winter da, wo er am schönsten ist: an der frischen Luft. Wir haben für Sie zwölf Winter-Kombis bei arktischen Temperaturen getestet. Damit gibt es keinen Grund mehr, Ihren Körper in der Spinning-Hölle zu quälen. Die Kältekammer von Globetrotter in München bietet die optimalen Bedingungen für unseren Test der wärmenden Fasern. Bei minus zwölf Grad und leichtem Gegenwind zeigt sich schnell, welche Kombi für Gänsehaut-Feeling sorgt und welche Jacken und Hosen den Körper wohlig warm umhüllen. Die Wärmebilder zeigen: je größer das Luftpolster zwischen Körper und Kleidung, desto höher ist auch die Isolationswirkung. Da verwundert es kaum, dass die weiter geschnittenen Hosen von Gore, Protective und Vaude in der Globetrotter-Kältekammer voll überzeugen können. Sie bieten gegenüber den klassischen Tights einen weiteren Vorteil: Je nach Wetterlage können sie leicht mit einer kurzen oder langen Radhose darunter kombiniert werden.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Jacken: Dort, wo die Modelle besonders eng sitzen, zeigen die Wärmebilder häufig rötliche Stellen. Das heißt: Hier verlieren Sie besonders viel kostbare Körperwärme. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn an den entscheidenden Stellen kein Windstopper-Material verarbeitet wurde. Vor allem die Kniepartie sollte bei den Hosen mindestens mit einer doppelten Stoffbahn versehen sein. Noch besser schützt hier jedoch windabweisendes Material.
Wochenlangen Dauerfrost kennen die meisten nur noch aus Omas Erzählungen. Unsere Winter ähneln immer mehr einer Mischung aus Matsch und Schneeregen. In der Praxis bedeutet das: Wenn nicht gerade von oben feuchter Schnee auf die Kleidung prasselt, dann werden Sie von unten mit Matsch beschossen. Ist erst einmal Wasser in die schützende Außenschicht eingedrungen, wird es schnell ungemütlich. Im eisigen Fahrtwind kühlt der Körper schnell aus. "Windchill" nennt sich dieser Effekt, der dafür sorgt, dass sich null Grad bei 25 Stundenkilometern Wind anfühlen wie minus sechs Grad.
Nach fünf Waschgängen bei 30 °C testen wir jeweils an Vorder- und Rückseite der Testjacken und -hosen, ob die Imprägnierung der Feuchtigkeit standhält. Sehr erfreulich: Fast alle Jacken können mit guten Ergebnissen aufwarten. Vorne perlt das Wasser sauber ab und hinterlässt keine Rückstände im Gewebe. Kleine Mängel gab es an den Rückenpartien von Craft und Sugoi. Der Bereich um die Wirbelsäule wird vom Hinterreifen besonders stark beschossen. Beide Hersteller setzen hier auf luftdurchlässiges, nicht wasserabweisendes Material.
Ein anderes Bild zeigt sich bei den Hosen. Nur die weiter geschnittenen Modelle von Gore, Protective und Vaude schneiden mit Bestnoten ab. Vorder- und Rückseite sind komplett wasserabweisend. Gute Werte erzielen auch die klassisch geschnittenen Modelle von Endura, Pearl Izumi und Scott. Nach dem Test waren nur leichte Wasserrückstände zu erkennen. Die übrigen Kandidaten sind zumindest an der Rückseite sehr durchlässig. Unser Tipp: Tragen Sie an feuchten Tagen einfach eine kurze Regenhose drüber. Die schützt Sie nicht nur vor Nässe. Regenhosen sind winddicht und bieten zusätzlichen Schutz vor der Kälte.
Über einen entscheidenden Punkt gibt das Labor leider keine Auskunft: die Passform. Sie zu bewerten ist heikel. Der Schnitt für einen drahtigen Racer unterscheidet sich deutlich von dem für einen aufrecht sitzenden, weniger athletischen Touren-Fahrer. Dementsprechend groß sind auch die Unterschiede im Testfeld. Rumpfvolumen, Schulterschnitt und Ärmelweite variieren deutlich. Doch im Vergleich zu früher haben es auch Wettkämpfer und Langstreckler mittlerweile deutlich einfacher, ein passendes Modell zu finden. Vorne kurz, hinten lang. Ein schmaler Rumpf und lang geschnittene Ärmel. Diese Kombination findet man bei Craft, Endura, Gore, Mavic und Pearl Izumi. Funktionale Taschen, mit Platz für Handschuhe, Helmmütze oder Trinkflasche bieten Craft, Gore, Mavic und Odlo. Die Jacken von Vaude, Protective und Odlo werfen bei sportlicher Haltung große Wellen an Bauch und Brust, stehen an den Schultern aufwärts und stehen wie Bremsfallschime im Wind.
Wenig Kritik gibt es bei den Hosen. Die Schnitte sind durch die Bank gut. Bei Bontrager, Craft und Sugoi fallen die Beine etwas kurz aus. Das Windstopper-Material von Odlo und Pearl Izumi schränkt die Bewegungsfreiheit etwas ein. Super: Odlo sichert seine Hose als einziger Hersteller mit Beinschlaufen gegen Hochrutschen. Protective und Vaude schneidern sehr weit und eignen sich eher für gemütliche Ausfahrten. Die Alp-X von Gore ist weit und doch eng genug, um es auf verschneiten Trails ordentlich krachen zu lassen.
Nicht zu warm und nicht zu kalt, von außen dicht, von innen aber dampfdurchlässig. Welches Winterteil schafft den Spagat?
• Bontrager RL Softshell Jacke und Race Thermal Bib Hose
• Craft Performance Storm Jacke und Stormbib Hose
• Endura Stealth Jacket und Thermolite Pro Bib Hose
• Gore Alp-X SO Jacke und Fusion SO Hose
• Löffler Jacke 12873 und Hose 4986
• Mavic Espair Thermo Jacke und Equipe Bibtight Hose
• Odlo Hurricane Jacke und Ride Hose
• Pearl Izumi Elite Softshell Jacke und AmFIB Cycling Bib Hose
• Protective Jordan Jacke und Bargo Hose
• Scott AS Limited Plus Jacke und Hose
• Sugoi Firewall 220 Jacke und Hose
• Vaude Gravit Jacke und Hose
Schuhe Northwave Celsius GTX
982 g/179,90 Euro/www.northwave.com
Bis minus zehn Grad soll der Celsius GTX wärmen. Kalte Füße gab es bei Tester Nilges bisher keine. Auch keine Nassen: Die Gore-Tex-Membran hält zuverlässig dicht. Wer es noch wärmer braucht, greift zum Celsius mit der Zusatzbezeichnung Arctic. Der hält angeblich bis -35 Grad.
Test-Fazit: sehr guter Winterschuh mit praktischem Schnellschnürsystem und guter Isolierung.
Funktion: 5 von 6 Sterne
Wärmegrad: 5 von 6 Sterne
Heizsohle Mematec Comfort
398 g/199 Euro/www.mematec.com
Die Comfort-Heizsohle hat einen integrierten Akku und eine intelligente Steuerung. Zieltemperatur ist 36,5 Grad. Ist der Fuß kälter, heizt die Sohle, bis die Temperatur erreicht ist. Die Sohle ist in drei Größen erhältlich. Bei voller Leistung läuft der Akku etwa zwei Stunden lang.
Test-Fazit: Etwas Platz im Schuh vorausgesetzt, ist die Heizsohle die optimale Waffe gegen kalte Zehen.
Funktion: 5 von 6 Sterne
Wärmegrad: 6 von 6 Sterne
Deuter Streamer Thermo Bag 3.0 l + Tube Insulator
190 g/je 14,95 Euro/www.deuter.com
Viel trinken ist im Winter besonders wichtig. Mit der Isolierung fürs Trinkreservoir friert Ihr Getränk nicht ein. Die Trinkblasen sind bis 60 Grad freigegeben. Vorsichtshalber sollten Sie die Restflüssigkeit im Schlauch immer ins Reservoir zurückblasen.
Test-Fazit: perfekt für längere Touren. Die doppelte Isolierung durch Rucksack und Thermo Bag garantiert lange Zeit warme Getränke.
Funktion: 5 von 6 Sterne
Wärmegrad: 5 von 6 Sterne
• Überschuhe Sugoi Firewall Bootie
• Helm Casco Urban-TC Plus
• Unterwäsche Odlo Evolution warm Lady
• Handschuhe 2XU Sub Zero Glove
• Thermoflasche Elite Iceberg
• Socken Seal Skinz Mid Weight
• Helmmütze 2XU Cycle Beanie
• Mütze Odlo Hat Windproof
• Kopfschutz Polar Buff
• Unterwäsche RAB Meco 120 Long Sleeve
• Gesichtsmaske Odlo Facemask Evolution warm
Die Test-Ergebnisse zu den 12 Softshell-Jacken und Hosen und zu den Teilen für kalte Wintertage auf dem Bike finden Sie unten im kostenlosen PDF-Download.