

Deutschland: Isar-Trails für Mountainbiker
Kanada-Feeling: MTB Trails an der Isar
Ein Hopser über einen quer liegenden Baumstamm, dann ziemlich verzwickt links um die Kurve. Mit einem Rascheln verschwindet Ludwig hinter dem nächsten Busch. Ich hinterher. Einen Augenblick später schallt ein lang gezogenes "Aaahhh" durch den Wald. Noch bevor ich fragen kann, was los ist, spüre ich am eigenen Leib, warum Ludwig vor mir brüllt wie ein brünstiger Hirsch. Die stachligen Sträucher und Äste, die wuchernd in den Trail hängen, malträtieren unsere Unterarme und Schienbeine wie Tätowiernadeln. Das wäre wahrscheinlich alles halb so wild, wenn wir am Vortag an Armen und Gesicht keinen Sonnenbrand kassiert hätten.
Als echte Wahl-Münchner sind wir praktisch jeden Tag mit dem Bike auf den Isar-Trails unterwegs. Allerdings reicht die Feierabendreichweite gerade bis Schäftlarn, dann wird die Uferseite gewechselt und wieder nach Hause pedaliert. Wie wohl die Trails südlich des Brückenwirts weitergehen? Das dachte ich mir jedes Mal am Wendepunkt. Irgendwann probiere ich das aus. So, und irgendwann ist jetzt. Ludwig, Markus und ich haben uns gestern bis ins österreichische Scharnitz shutteln lassen, um endlich mal die Trails von der Isar-Quelle bis nach München abzufahren. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Das hatten wir uns etwas anders vorgestellt. Aber von Beginn an:
Vom Tiroler Grenzort Scharnitz kurbeln wir die oberschenkelfreundliche Schotterpiste Richtung Hallerangerhaus hinauf. Im Talschluss leuchten die Schneefelder der höchsten Karwendel-Gipfel in der Frühjahrssonne. Elf Kilometer geht’s taleinwärts, doch dann – am Ursprung – keine Spur mehr von Idylle: Ein frisch geschotterter Fußweg samt Schilderwald und Sitzbänken markiert den Touristenmagneten. Leider sprudelt die Isar nicht als kleiner Trinkbrunnen aus dem Fels, sondern blubbert auf 1200 Metern Höhe an mehreren Stellen aus dem Moosboden. Diese vielen kleinen Quellen bündeln sich mit dem Lafatscherbach und strömen dann gemeinsam gen München. Neben den anderen Isar-Pilgern mit ihren Trekkingbikes kommen wir uns mit den breit bereiften Fullys etwas übermotorisiert vor. "Aber bis nach München fährt von denen keiner", sagt Ludwig, während er seine Trinkflasche in eine eiskalte Quellwasserpfütze tunkt. Relativ unspektakulär rollen wir auf der Anfahrtsstrecke wieder talauswärts. Aber der Abstecher zum Ursprung gehört eben dazu. Ehrensache.
Bis nach Mittenwald hinunter stehen uns Karwendel- und Wettersteinmassiv Spalier. Dort wechseln wir die Fluss-Seite und passieren auf beschilderten Wegen Krün und Wallgau. Dann an der Au-Hütte vorbei – und noch immer kein Trail in Sicht. Stattdessen hüllt sich die kleine, türkisfarbene Isar in mächtige Kiesbänke. Am anderen Ufer schlängelt sich jetzt die Mautstraße nach Vorderriß. Im Gasthaus Post bestellen wir uns einen Kuchen und bekommen ihn "mit Liebe", wie die Kellnerin die Portion Sahne bezeichnet. Später lassen wir den karibisch-anmutenden Sylvensteinspeicher hinter uns und treffen kurz vor Lenggries endlich auf den ersten Singletrail. Was für ein Fahrtechnik-Zuckerl zum Feierabend. Auf einer dieser Kiesbänke werden wir nun unser Nachtlager aufschlagen.
Die Nacht unterm Sternenzelt haben wir uns wärmer vorgestellt. Schon in der Dämmerung kriecht die Kälte in unsere Schlafsäcke – später macht sie es sich darin bequem. Erst die Morgensonne schafft es, unsere klamme Biwak-Ausrüstung wieder aufzuheizen. So bleiben wir noch ein bisschen liegen und genießen den Blick über das wilde, verzweigte Flusswasser der Isar, das die Schotterbank unseres Nachtlagers umspült.
Hinter Bad Tölz fließen schließlich die ersten längeren Trail-Abschnitte, die aber auch gern mal im Dickicht enden. Richtiger Fahrfluss, so wie wir ihn als Isar-Biker kennen, stellt sich erst ab der Pupplinger Au bei Geretsried ein. Der Fluss strömt hier bereits flaschengrün dahin und wird bald von Wehren und Kanälen im Zaum gehalten. Als wir Schäftlarn erreichen, sind wir praktisch wieder daheim. Doch diesmal wählen wir nicht unsere Hausrunde, sondern probieren mal ganz neue Pfadabzweige auf den letzten 15 Kilometern. Schließlich führt der Trail hier sogar zweispurig bis in die Stadt – nämlich rechts und links der Isar. An Ronnie’s Kiosk akklimatisieren wir uns mit einem Bier für den Großstadttrubel und halten fest: Der erste Tag war landschaftlich der Hammer, aber rein fahrtechnisch leben wir schon am richtigen Teil der Isar.
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